Montag, 15. November 2010

Angefangenes beenden...

...oder auch abschließende Schlußworte, denn da ich es beim letzten Mal schon nicht geschafft habe einen finalen Beitrag zu schreiben und ich durch familiären Druck quasi gezwungen bin, gibt es nun, nach 1,5Monaten, einem kaputten Computer, zwei Erkältungen und sehr viel Regen und grauem Himmel, ein kleines Fazit.
Da trifft es sich hervorragend, dass ich heute morgen eine Email bekommen habe von der Professorin der UJ. Letzte Woche gab es nämlich das finale Examen und alle Studenten haben den Deutschkurs bestanden. ALLE. Auf was dies zurückzuführen ist, muss ich ja niemandem erklären, denn das liegt ja auf der Hand.

Ich habe meine letzte Woche in Südafrika ja mit einer kleinen Reise abgeschlossen. Bevor ich ins herbstliche Deutschland zurückfahre, wollte ich noch ein Wenig am Strand liegen, eine Runde im Indischen Ozean schwimmen, Curry essen und bei kaltem Bier über Erlebtes und Zukünftiges nachdenken. Außerdem musste ich mich ja auf angemessene Weise von Stingy verabschieden. Und wie könnte man das besser als mit einer Autofahrt ins 600km entfernte Durban.

Donnerstag morgens setzte ich also hinters Lenkrad und los ging es. Ich habe mich glücklicherweise dazu entschieden etwas später loszufahren und so habe ich den Berufsverkehr auf Joburgs Autobahnen verpasst. Aber auch ohne Berufsverkehr sind die Straßen voll. Das änderte sich schlagartig ca 20km nach dem Verlassen der Stadtgrenzen. Die Autobahn war frei, ich hörte Hörbuch und Mucke abwechselnd und freute mich. Aber auf einmal Stau, wie aus dem Nichts, war die Autobahn voll. Eine halbe Stunde ging es nur langsam voran, weil die Polizei die Autobahn sperrte. Ca 20 Polizisten standen auf der Autobahn und hielten die Autos an, um die Führerscheine ud Fahrzeugpapiere zu kontrollieren. Ich konnte es nicht fassen, wurde aber schnell durchgelassen, nachdem ich den Polizisten klargemacht habe, dass ich Touri bin...Der Rest der Fahrt ging dann super flüssig. Ich hatte nur gehofft, man sieht mehr Gegend, die Drakenberge zum Beispiel, aber nichts, nur Felder...Meine Fahrt führte mich erst einmal nach Pietermaritzburg. Dies ist die Hauptstadt von KwaZulu Natal. Und ich wollte mir dieses Städtchen halt mal anschauen. Das Hostel kam mir sehr verlassen vor. Ich war dann auch tatsächlich der einzige Gast. Die Stadt ansich hat eine Million Einwohner. Klingt schon mal ganz groß, aber auf meinen Erkundungsstreifzügen durch das Stadtzentrum hatte ich das Gefühl, ich bin in tiefster Provinz. Alles wirkte verschafen und teilweise schon etwas dörflich. Und so blieb mir nichts anderes übrig, als einige Fragen zu meinen Haaren zu beantworten und am nächsten Morgen schön früh aufstehen, um die restlichen 50km bis nach Durban zu fahren.
Das Wetter war gut, quasi heiß. Die Laune gut. Und meinen Bleifuß konnte ich etwas ausruhen, da es ja bergab gehen würde...Aber dann STAU. STAU. STAU. Ich stand doch Tatsache bei Temperaturen um die 40°C fünf Stunden lang im Stau. Meine Laune war auf einmal im Keller, und dort wäre ich auch gerne. Ich war naß und habe mit Bedenken die Temperaturanzeige des Wagens beobachtet. Ich befürchtete nämlich, dass mir der Motor in die Luft fliegt.
Der Grund für den Stau war unklar. Irgendwo hat die Polizei halt die Autobahn gesperrt und die Autos über eine Landstraße umgeleitet...Tja, warum?? Keine Ahnung, aber irgendwann war ich dann doch in Durban und dort fand ich das Hostel sofort. Ein Knaller. Direkt am Strand. Nette Leute und ich hatte die ganze Woche eine riesige Holzhütte nur für mich.
Durban ist die wärmste Stadt Südafrikas und hat geschätzte 51Wochen Sonnenschein im Jahr. Aber nun ratet doch mal, in welcher Woche ich da war...genau. Ab dem zweiten Tag änderte sich das Wetter, der Himmel zog sich zu, es regnete und war kalt. Nichts mit Relaxen am Strand. Zum Glück hatte ich Stingy dabei und so konnte ich meine Spaziergänge im Auto machen... Aber im Hostel waren ja viele nette Menschen. Besonders meine zwei Freunde aus Zimbabwe, mit denen ich einige Abende verbrachte. Mal war ich dran mit Lehrstunde Deutschland, dann die beiden mit Lehrstunde Zimbabwe. Quasi ein Augenzeugenbericht über die Diamantenfelder Zims. Extrem spannend, aber genauso schockierend. Einer der Beiden zeigte mir unter anderem seine Schußwunde im Bein, die er bekam, nachdem er sich eine Kugel des Militärs fing.

Ich habe es also trotzdem geschafft, mir die Zeit zu vertreiben. Und ich habe mich bei allen Menschen dafür bedankt, dass sie extra dieses wundervolle Wetter für mich organisiert haben, sodass ich mich schnell an den deutschen Herbst gewöhnen kann. Ich freute mich aber auch ein Wenig auf Joburg. Dort war es schließlich warm.
Der letzte Tag bestand dann nur aus Organisatorischem (Praktikumsbestätigung, CD-Besorgung, Autorückgabe, usw) und Abschied...und als ich dann am Flughafen saß, fing es tatsächlich an zu regnen. Alle weinten...

Das war also Südafrika. Ein Land so ganz anders als Malawi oder Botswana. Natürlich habe ich nur einen Bruchteil des Landes gesehen und dann auch nur das Stadtleben: Joburg, Cape Town, Durban. Und gerade in den Großstädten ticken die Uhren zwar afrikanisch, aber das Leben ist nicht nur afrikanisch, sondern auch europäisch (gerade in Cape Town), asiatisch (indisch), und wie ich finde alles etwas amerikanisch. Es gibt viel Reichtum (kulturell ja sowieso), aber der finanzielle ist dann doch nur in den Händen von Wenigen. Südafrika hat zum Beispiel einen der höchsten Gini-Koeffizienten der Welt. Wie die Wirtschaftswissenschaftler unter euch ja wissen, misst man damit die Einkommensverteilung. Ein hoher Koeffizient bedeutet also eine sehr ungerechte Verteilung. 16 Jahre nach der Unabhängigkeit Südafrikas, ist das Land noch lange nicht frei. Es war bis hierher ein "long way to freedom" (Name von Mandela's Autobiographie), aber das Ziel scheint noch in weiter Ferne...

Nun bin ich wieder in Deutschland, das Abenteuer ist vorbei. Doch das Nächste wartet bestimmt schon irgendwo hinter irgendeiner Ecke und wartet nur darauf, hervorzuspringen und mich tierisch zu erschrecken

Freitag, 1. Oktober 2010

Kulinarisches und Beach Life

Nun ist es soweit. Das Leben an der UJ ist vorbei. Am Mittwoch gab ich den letzten Unterricht und anschliessend gab es eine kleine Feier mit kalten Getraenken und Knabbereien. Dann wurde eine kurze Rede gehalten und ich bekam eine Karte ueberreicht und ein paar Praentchen...Von der Uni bekam ich (mal wieder) einen offiziellen USB Stick und die Studenten schenkten mir eine DVD. Sehr nett...und alle waren etwas traurig.
Ich hatte in der Woche auch gleich zweimal Zulu-typisches Essen. Zum einen gab es Krummelpap. Das ist Pap, bei dem mehr als die sonst uebliche Portion Maismehl verwendet wird, so dass es kein Brei wird, sondern kruemmelig. Das isst man dann vermischt mit Milch. Es sieht aus wie Koernerkaese, schmeckt aber ueberhaupt nicht. Es war total saeuerlich und ich konnte meine Portion nur mit Muehe und Not aufessen. Vielleicht war auch einfach nur die Milch schlecht... Und dann gab es noch Maontwana mit Pap, eine Spezialitaet der Zulus. Es handelt sich hierbei um Pap mit gekochten Huehnerfuessen. Das klingt sehr ekelhaft, sieht auch extrem gruselig Haus, aber man kann es essen. An so einer Huehnerkralle ist natuerlich nicht besonders viel Fleisch dran und man muss die ganze Zeit daran knabbern. Ausserdem muss man aufpassen, dass man die Zehnaegel nicht mitisst...ich sag mal so: es war ein Abenteuer...
Gestern hab ich mich dann in die Karre gesetzt und bin losgefahren in den Urlaub. Erst ging die Reise in die WM-Stadt Pietermaritzburg. Die Hauptstadt von KwaZulu Natal. Aber da gibt es nun wirklich nichts zu sehen. Eine sehr verschlafene Kleinstadt...Also bin ich heute morgen weiter nach Durban. Eigentlich braucht man fuer die Distanz nur eine Stunde, aber ich habe 5 Stunden gebraucht, denn durch einen LKW-Unfall war die Autobahn komplett gesperrt und ich stand 4 Stunden im Stau. Das ist bei 35Grad und ohne Klimaanlage ein Spass, den ich jedem empfehle...
Aber schliesslich bin ich doch noch angekommen und wohne die naechsten 4Tage in einem Hostel direkt am Indischen Ozean. Das Wetter ist herrlich und die Wellen hoch...na da heisst es doch noch einmal Krtaft tanken fuer den kalten Winter...
Bis spaeter Freunde...

Montag, 27. September 2010

Lauter interessante Dinge ... und Gangsters Paradies

Anscheinend hat niemand auf meine Bitte reagiert und die Zeit etwas verlangsamt. Eher im Gegenteil, sie verfliegt noch ein Wenig schneller. Morgen ist mein letzter Tag in der Uni, meine letzte Stunde mit den Studenten und abschließend eine kleine Farewell Party und die Übergabe meiner Praktikumsbestätigung. Und dann geht es ab Donnerstag in Richtung Indischer Ozean. Zum Glück, denn Joburg solidarisiert sich gerade mit dem kalten und verregneten Europa. Nicht, dass es hier auch regnet. Aber es ist bewölkt und doch recht kühl (22°C). Da verbringe ich die letzten paar Tage doch lieber in der sonnenreichsten Stadt Südafrikas, Durban. Eine Unterkunft ist schon gefunden. Ein Hostel mit Meerblick… Ich hoffe nur, dass Stingy mein alter Freund und Reisebegleiter mich nicht im Stich lässt. Ich werde die 570km nämlich mit dem Auto fahren. Die Strecke entlang der massiven Drakensberge soll sehr imposant sein.

Was passiert sonst noch so in Mzansi?
Einige kleine Dinge habe ich mir über die Wochen aufgeschrieben, aber irgendwie haben sie es nie in den Blog geschafft. Das soll nun nachgeholt werden. Fangen wir an mit…
…dem Verkehr.
Ich habe ja schon mehrfach erwähnt, dass der Verkehr hier kein Zuckerschlecken ist. Das liegt daran, dass man nicht wie in Deutschland mindestens 32 Fahrstunden nehmen muss, um zur Prüfung zugelassen zu werden. Sondern man kann das Autofahren von irgendjemand erlernen(Freunde, Familie,…) und wenn man sich bereit fühlt, kann man sich zur Prüfung anmelden. Diese soll wohl doch ziemlich kompliziert sein, aber so ein Fahrprüfer verdient ja nicht besonders viel….das soll heißen, für eine kleine Aufbesserung seines monatlichen Gehaltes werden so gut wie alle durch die Prüfung geschleust. Und das Resultat spiegelt sich dann auf den Straßen wieder. Wie hier gefahren wird…meine Güte. Besonders schlimm ist es am Wochenende, denn Wochenende heißt hier automatisch Zeit sich zu Betrinken. Während ich mittlerweile gerade am Wochenende auf jeglichen Kontakt mit alkoholhaltigen Getränken verzichte, um nicht meinen Freunden in die Arme zu fallen, fährt der Rest nach Bier, Vodka und Whiskey. Ich habe beobachtet, dass selbst Krankenwagen und Polizeiautos, die mit Blaulicht unterwegs sind, an den Ampeln anhalten. Man traut hier niemanden im Straßenverkehr.
Übrigens gibt es ja die schöne Ausnahmeregel, dass man nachts über rote Ampeln fahren darf, wenn man sich unsicher fühlt und Angst hat. Natürlich muss man immer kurz stoppen, aber in komplett verwaisten Straßenzügen mit Ampeln, die scheinbar nie auf Grün schalten, ist das eine sehr willkommene Ausnahmeregel…

Kommen wir nun zur Politik..
Wir ihr alle wisst, ist Südafrika seit den Wahlen im April 1994 eine Demokratie. Eine Demokratie mit einer dominierenden Partei, dem African National Congress, gegründet im Jahre 1912. Seit 16Jahren regiert diese Partei und hat seitdem drei Präsidenten hervorgebracht: den jetzigen Amtsinhaber Jacob Zuma, Thabo Mbeki und natürlich Nelson Mandela. Aber seitdem Machtkampf um die Parteiführung vor 2 Jahren zwischen Zuma und Mbeki schwächelt der ANC. Die Übernahme der Parteiführung bedeutet, dass man mit ziemlich hoher Wahrscheinlichkeit nächster südafrikanischer Präsident wird. Damals spalteten sich sogar einige hochrangige Politiker (Mbeki-Getreue) vom ANC ab und gründeten eine eigene Partei den Congress of People (COPE). Das war nur der Anfang. Die ANC wird eng unterstützt durch die Kommunistische Partei Südafrikas und den größten Gewerkschaftsbund COSATU. Doch nach dem riesigen Streik vor ein paar Wochen möchte die COASTU nicht immer nur Ja und Danke zu allem sagen, sondern erhebt Forderungen.
Dann gibt es da noch die ANC Youth League, 1944 u.a. von Mandela gegründet, weil die jungen Nachwuchspolitiker nicht mit allen politischen Zielen der Älteren übereinstimmten. Die ANC YL hat also eine große Tradition. Der jetzige Präsident Julius Malema ist ein ziemlicher Spaßvogel. Er ist Ende 20, sieht aus wie Ende 30 und möchte eines Tages südafrikanischer Präsident werden. Er schafft es sich in einem einzigen Satz mehrmals selbst zu widersprechen. Zum Beispiel hat er vor Kurzem eine brennende Rede gehalten, dass Führungspersonen des Landes doch bitte nur eine Frau haben sollten. Im nächsten Satz meinte er dann, dass er damit natürlich nicht den Präsidenten meint… Jacob Zuma hat nämlich drei Ehefrauen und eine Verlobte, die er wohl im Dezember heiraten wird.

Nach dem Ende der Apartheid führte Mandela ja eine Politik der Versöhnung, aber um die schwarze Mehrheit am Reichtum des Landes teilhaben zulassen, wurde die Black Economic Empowerment Initiative eingeführt. Dies ist eine Art Punktesystem, um schwarze Führungskräfte in der Wirtschaft des Landes zu stärken. Aber selbst heute liegt 80% des Reichtums in weißen Händen und gerade die ANC YL überlegt, wie man das ändern könnte. Vor ein paar Wochen war die ZANU-PF Youth League (aus Zimbabwe) zugegen und hielten flammende Reden. Sie erklärten der ANC YL, dass sie doch so verfahren sollten wie es Mugabe in Zimbabwe getan hat. Weiße Farmer und Firmen enteignen. Es ging dann zwar ein paar Jährchen bergab mit Zimbabwe, aber alle können doch sehen, wie gut es ihnen heute geht (in einem Land ohne eigene Währung…). Sie führten dies natürlich nicht auf die gemeinsame Regierung von ZANU PF und MDC (und die damit verbundene Aufhebung einiger Sanktionen) oder den Beginn des Diamantenexportes zurück…Viele Delegierte der ANC YL feierten sie dafür frenetisch, aber hey sein wir doch mal ehrlich…Zimbabwe in den letzten 10Jahren als Vorbild zu nehmen…

Soweit erst einmal zu ein paar allgemeinen Dingen, nun noch etwas persönliches.
Nachdem ich gedacht habe, die einzigen Verbrecher hier wären Polizisten und schon gedacht hab, mir würde hier nie was passieren, hat die Gauteng Province (GP) ihrem Spitznamen Gangsters Paradies doch allen Ehren gemacht. Am Samstag wurde ich dann am helllichten Tage auf einer sehr belebten Straße überfallen und niemand hat etwas unternommen, um mir beizustehen. Mittlerweile habe ich den Überfall gut verarbeitet und kann sogar drüber lachen. Ich habe auch keine Angst nun auf die Straße zu gehen, das wäre ja Unsinn. So ein Überfall kann überall passieren und im Endeffekt ist mir nichts passiert und ich hatte nur materielle Verluste. Das ist zwar äußerst ärgerlich, aber auch nicht das Ende der Welt. Nun aber mal zur Story:
Ich bin in Begleitung durch die Innenstadt Downtowns gezogen, es war etwa 15Uhr und die Straßen voll. Ich hatte ziemlich viel Geld mit, weil ich shoppen wollte (450Rand = ca 50€). Ich gebe zu, dass ich an dem Tage etwas müde war und etwas hinterher trottete. Ich bin diese Straße schon zigmal vorher entlang gegangen, ohne dass mir je was passiert ist. Die Bürgersteige dort sind sehr schmal am Rand von kleinen Ständen gesäumt, wo Kleidung verkauft wird. Man wird dort auch alle 5Meter angesprochen, dass man doch dies oder das kaufen soll. An einer Stelle war der Bürgersteig etwas breiter und die Stände am Rand geschlossen. Die Fluchtmöglichkeiten waren also ideal. Dort stand also auf einmal ein Kerl mit einem Messer vor mir und meinte irgendetwas zu mir. Ich dachte, er wolle mir das Messer (ein Butterfly mit ziemlich großer Klinge) verkaufen und lehnte höflich ab. Dies irritierte ihn etwas und er wiederholte sich. Plötzlich schrien einige Leute um mich herum und ich hatte das Gefühl, dass um mich ein Kreis gebildet wurde und die Menschen immer weiter zurückrückten. In dem Moment spürte ich auch schon Leute von hinten, die versuchten in meine Taschen zu fassen. Reflexartig krümmte ich mich zusammen und warf mich auf den Boden. Die Kerle versuchten mich wieder hochzuzerren. Irgendjemand schrie, gib ihnen einfach dein Geld. In dem Moment wurde mir erst richtig klar, was passierte und dass ich nicht gerade nach dem Lehrbuch handelte. Was ist, wenn der Kerl mit dem Messer die Geduld verliert und zusticht. Aber er schien etwas irritiert zu sein. Schließlich stand ich wieder. Die Kerle befahlen mir, meine Augen zu schließen, was ich dann auch tat. Ich spürte, wie sie meine Taschen leerten. Einer meinte zu mir, hier nimm deinen Reisepass (den ich dabei hatte). Ich bedankte mich höflich dafür, dass er mir den pass wiedergab. (wenn ich mir das jetzt durch den Kopf gehen lasse und es nicht so verlustreich wäre, dann könnte ich mich nun über mich selbst beeiern.). Nach ca 20-30Sekunden war alles vorbei, ich öffnete die Augen und sah 5 Kerle wegrennen. Ich stand allein auf weiter Flur und auf dem Boden lagen meine Schlüssel. Zum Glück. Alles was die Tsotsi mitnahmen waren mein Geld, meine Kamera, zwei Sonnenbrillen und mein Handy (mit all meinen Nummern…). In sicherer Entfernung standen die Schaulustigen, die nun langsam wieder näher kamen. Sie erkundigten sich, ob es mir den gut geht. Ich packte nur meine Sachen ein und verschwand. Ich war etwas enttäuscht, dass da soviel Männer rumstanden und niemand geholfen hat. 200 Meter stand die Polizei. Sie meinten nur, dass sie wohl nichts machen können. Ich könne aber zum Präsidium und eine Anklage erheben. Aber nach meiner bisherigen Einschätzung der Polizei wäre das nur weiterer unnötiger Stress… Während des ganzen Überfalls war ich erstaunlich ruhig, ich hatte auch kein Gefühl von Panik oder Angst. Das kam erst kurz nach dem Überfall und dann kam eine ziemliche Leere. Ich versuchte mich daran zu erinnern, wie die Räuber aussahen. Aber ich konnte mich nicht erinnern, ich wusste auch nicht, wo die auf einmal herkamen. Später spielte ich im Kopf immer wieder den Überfall durch und überlegte, was ich hätte anders machen können. Aber da war wohl kaum etwas anders zu machen.
Am gleichen Abend bekam ich dann aber noch einen Friseurbesuch geschenkt im Wert von 350Rand. 5Stunden saß ich auf dem Friseursessel und ließ mir die Dreadansätze richten. Da ging es mir dann schon wieder viel besser…Naja, und im Endeffekt ist mir überhaupt nichts passiert, außer der materielle Verlust und der Verlust des Gefühls, mir passiert so was nicht…

Montag, 20. September 2010

Lauter schöne Dinge....und Polizei

Kann mir bitte jemand einen Gefallen tun und die Zeit anhalten. Zumindest zurückstellen auf normales Tempo wäre schon äußerst wünschenswert. Aber das die Tage vergehen wie Stunden, das gefällt doch wirklich niemandem. Ja, meine Zeit ist schon beinahe wieder vorbei. Nur noch 16Tage bleiben mir und dabei bin ich doch gestern erst angekommen...und schwupps, nächste Woche Mittwoch gibt es schon die Abschiedsparty in der Uni...

Mittlerweile bin ich auch eine lokale Berühmtheit. Vor zwei Wochen saß ich nichts ahnend in der Sonne auf dem Campus. Ich genoss die Wärme, mich und das Leben an sich. Und plötzlich wurde ich angesprochen. Ich sollte ein Interview für die Afrikaans Uni-Zeitung. Thema: Stylingtipps für den Frühling. Na da bin ich ja der perfekte Ansprechpartner. Also immerhin habe ich dieses Jahr schon einen Frühling erlebt. Ich quatschte also munter drauf los und die junge Nachwuchsjournalisten schrieb und schrieb. Anschließend noch ein paar Fotos. Mittwoch war es dann soweit. Zwischen vier afrikanischen Schönheiten lächelt ein junges, leicht posendes Rastatier dem geneigten Leser entgegen. Da ich mittlerweile schon wieder vergessen hatte, was ich für wunderbares Zeug von mir gegeben habe und mir Afrikaans doch ziemlich unverständlich erscheint, musste ich es mir übersetzen lassen. Aber anscheind war es ganz gut, denn am Samstag wurde ich angerufen, ob ich ein weiteres Interview geben könne. In der nächsten Ausgabe strahlt dieses Rastatier also schon wieder leicht posend in die Kamera...

Wenn nur noch so wenig Zeit verbleibt, dann muss ich sie natürlich intensiv nutzen. Die Ränder unter meinen Augen werden also immer dunkler. Das liegt natürlich an der Sonnenbräune und zum anderen an weniger Schlaf als in den vorangegangenen Wochen. Ich habe sogar schon aufgehört, meine unterrichtsfreie Zeit im schattigen Büro zu verplempern. Viel lieber fahre ich durch die Stadt des Goldes von Aktion zu Aktion, immer auf der Suche nach meinem Goldbarren in der Form eines neuen Abenteuers. Die Abenteuer reichen von Kickern in modernsten Spielhöllen (ich habe bisher alle meine Spiele (3) gewonnen...) bis zu Schlittschuhlaufen.
Häääää, mag sich jetzt vielleicht der Eine oder Andere denken. Da hängt der Junge im südafrikanischen Frühling herum, bei Temperaturen bis zu 30Grad und geht dann Schlittschuhlaufen. Jip, und ich gebe sogar zu, dass es mir Spaß gemacht hat, obwohl ich es eigentlich ja nicht so mag und obwohl ich das letzte Mal vor gefühlten 20Jahren auf dem Eis stand habe ich mich gar nicht so schlecht angestellt. Soll heißen, dass ich kein einziges Mal gestürzt bin. Nein, ich habe mich nicht die gesamte Zeit an die Bande gekrallt...

Am gestrigen Sonntag hatte ich das ganz große Glück, Zeuge eines hochkulturellen Spektakels zu werden. Eigentlich war ich nur nach Soweto eingeladen, um dort auf eine private Party zu gehen. Private Party bedeutet dabei, dass aus irgendeinem Auto Musik gespielt wird (natürlich House) und sich alle darum versammeln, quatschen und tanzen. Aber am frühen Nachmittag wurde ich in den Hof eines dieser typischen Häuser Sowetos eingeladen. Dort hat sich die Nachbarschaft versammelt, getrommelt und gesungen. Es waren nämlich traditionelle Heiler zugegen, die den Kontakt zu den Ahnen herstellten. In diesem überwiegend christilchen Land wurde ich also Zeuge, inwiefern die Ahnenverehrung den Menschen erhalten geblieben ist. Es waren zwei männliche Medizinmänner dort, die umunthi herstellten, traditionelle Medizin. Und es waren zwei weibliche Schamanen anwesend. Diese tanzten sich zum treibenden Klang der Trommeln in Ekstase. Dann knieten sie vor der Person mit dessen Ahnen sie gerade in Verbindung standen und die Ahnen konnten durch die Heilerin zu den Menschen sprechen. Die Ahnen gaben Hinweise, Ratschläge und Verbote. So ging es dann über mehrere Stunden. Ich hatte glücklicherweise einen ganzen Haufen Simultanübersetzer an meiner Seite, sodass ich beinahe alles mitbekommen habe. Diese haben mir dann auch immer wieder versichert, dass ich doch keine Angst haben muss, aber wahrscheinlich nur, um sich ihre eigene Angst von der Seele zu reden...Für mich war das alles ein kulturelles Spektakel. Aber es war nicht extra für mich organisiert, wie die Gule Wamkulu Tänze (die Tänze der Geister) in Malawi, sondern ich bin nur zufällig dabei gewesen. So konnte ich mit eigenen Augen sehen, wie stark die Ahnenverehrung im Leben integriert ist. Und die Heilerinnen haben sich wirklich ins Zeug gelegt. Ich beobachtete, wie eine der Beiden sich hinterher vollkommen entkräftet zur Außentoilette schleppte auf dieser anscheinend zusammenbrach. Ich hörte nur noch Brech-Geräusche...
Ich wurde hier auch Zeuge der südafrikanischen Gastfreundschaft, denn obwohl ich einfach so mit hineingeplatzt bin in das Spektakel, wurde immer darauf geachtet, dass ich bequem sitze und alles gut sehe. Außerdem bekam ich leckeres Essen und mein Glas war niemals leer. Später wurde mir auch mitgeteilt, dass sich der älteste Medizinmann über meine Anwesenheit geäußert hat. Er begrüßte es, dass ich mich für die Zeremonie interessierte und dass ich ja eh durch meine Haare Verbundenheit mit ihrer Kultur zeige...schön...Traditional Shamanen luv mi hairstyle.
Der restliche Abend bestand dann auch aus einer dieser typischen Soweto-Partys. Ich habe es genossen, auch wenn ich selbstverständlich des öfteren außen vor war, denn meine Zulukenntnisse sind nun mal beschränkt und ich konnte den meisten Gesprächen nicht folgen. Es wurde zwar immerwieder ermahnt, bitte nur noch Englisch zu reden, damit ich nicht ausgeschlossen werde, aber früher oder später fällt doch jeder wieder in die Muttersprache zurück. Trotzdem war es nett und ich habe Komplimente bekommen, die deutlich gezeigt haben, dass die Apartheid noch nicht allzu lange zurückliegt, wie: "Ich hätte nie gedacht, dass Weiße so cool sein können!"...

Aber dann sind da noch die Schattenseiten... Ich habe es schon einmal erwähnt und ich erwähne es nochmal. In dieser Stadt, die vermeintlich kriminellste Stadt der Welt, sind die einzigen Verbrecher, die ich bisher gesehen und erlebt habe, Polizisten. Korruption blüht in Südafrika und ich erfahre es am eigenem Leibe.
Es ist so, dass man in Gegenden, wo man durch die Hautfarbe auffällt schonmal verdächtig ist. Die Frisur tut ihr Übriges. Ich bin ein scheinbar lukratives Opfer für die Hüter des Gesetzes, die ihr Kleingeld für's Feierabendbier noch nicht zusammen haben. An diesem Wochenende erwischte es mich zweimal. Samstags wollte ich nachts um 2Uhr aus einem Club nach Hause fahren und schwupps wurde ich herausgewunken und durchsucht wie ein Schwerverbrecher, breitbeinig vor dem Auto stehend, Hände aufs Dach und Kopf nach unten. Der Polizist hat alle meine Taschen geleert. In einer dieser Taschen war meine Speicherkarte der Digi-Cam. Entweder sie ist dabei heruntergefallen oder er hat sie behalten, jedenfalls stellte ich später fest, dass ich sie nicht mehr habe. Deshalb gibt es diesmal auch keine Fotos... Das Auto wurde auch komplett gefilzt. Wenn die Polizisten bei ihrer Suche nichts finden, wird aus ihrer anfänglichen Schadenfreude (Ha, den ziehn wa jetzt ab) schnell Frustration und ich wurde mit tausend Geschichten eingeschüchtert, warum ich denn die nacht im Gefängnis verbringen werde. Ich hatte an diesem Abend Bier getrunken. Ich denke, dass ich unter der 0,5 Promille lag, aber ich wusste es leider nicht zu 100% und ich wollte kein Risiko eingehen...
Am Sonntag auf dem Rückweg aus Soweto dann das gleiche Spielchen. Ein Polizeiwagen hielt mich an. Erst wurde ich wie ein Schwerverbrecher durchsucht, dann mein Wagen. Dann erzählte mir der Polizist, dass ich verdächtig bin und mit zum Revier kommen solle für einen Bluttest. Ihr wollt spielen, dacht ich mir, lasst uns Spielen, denn mittlerweile habe auch ich genug Muskeln, um dieses Armdrücken zu gewinnen. Ich folgte dem Herrn Polizisten und der Frau Polizistin also zum Hillbrower Polizeirevier. Dort sollte ich dann in den Polizeiwagen steigen, mit denen sie mich zur Blutabnahme fahren wollten. Ihr Nummernschild war mittlerweile selbtverständlich notiert. Ich stieg ein und bis zu diesem Moment habe ich wirklich noch etwas naiv gegalubt, dass die mein Blut testen wollten. Aber als wir dann im Schritttempo um den Block fuhren, wusste ich, dass es keinen Bluttest geben wird. Es folgte wieder das schon bekannte Psychospielchen. Mir wurden tausend Gründe genannt, warum sie mich einsperren. Ich konterte alle. Dann folgte meine Lieblingsfrage: "What should we do now?"...Keine Ahnung was wir jetzt machen. Ihr habt mich doch angehalten, da müsst ihr dass doch wissen. Ich kenn mich ja hier nicht aus in Südafrika...Und dann hörte ich es: "You are here in South Africa. You are supposed to give us something." BANG BOOM BULLET. Ach hätte ich doch nur n Diktiergerät dabei gehabt. Ich konnte nur antworten, dass ich nichts habe, was ich ihnen geben könnte und sie mich doch bitte zum Bluttest fahren sollen. Ich werde in der Zwischenzeit mal in der Botschaft anrufen...Zack, stand ich wieder neben meinem Auto und die beiden angepissten Ordnungshüter fuhren schnell davon...Das tat gut. Denn es kann doch nicht sein, dass ich jedesmal Panikattacken bekomme wenn ich irgendwo Polizeiwagen sehe...die sollen mich doch beschützen. Cops nah luv mi hairstyle...
Wenn ich das dann mit einem meiner Lieblingsclubs in Yeoville, was ja nun auch nicht grade ein Luxusbezirk ist, vergleiche: Dort stehen riesige Bullies als Sicherheitskräfte an der Tür und durchsuchen jeden nach Waffen. Ich werde mittlerweile nicht mehr durchsucht, sondern freundlich umarmt und ab dafür....

Montag, 13. September 2010

Dabei sein ist alles...

...aber gewinnen macht auch ziemlich viel Spaß. Das dachten sich zumindest Nicho und Pieter, zwei Deutschlerner der University of Johannesburg, und ihr Dozent, ein liebenswerter älterer Herr in den besten Jahren.
Am vergangenen Samstag veranstaltete die Wits Language School eine Spracholympiade. Dabei wurden jeweils vier Wettkämpfe in vier verschiedenen Sprachen ausgetragen. Die Sprachen waren Mandarin, Französisch, Portugiesisch und natürlich Deutsch. Freundlicherweise wurde ich vom Deutsch Dozenten des Wits Language Departments darauf hingewiesen und konnte zwei meiner Studenten dazu überreden, bei diesem Spektakel teilzunehmen.
Die Wits Language School, an der etwas 20 junge Menschen Deutsch lernen, darf man auf keinen Fall mit dem Wits Language Department, wo noch einmal ca. 30 Studenten Deutsch lernen, verwechseln. Beide Institute gehören zwar zur University of Witwatersrand (Wits), aber sind trotzdem komplett unabhängig voneinander. Jedenfalls komme ich mir, gegen die ca 50 Deutschlernenden an der Wits, mit meinen acht Studenten doch etwas bescheiden vor. Aber selbstverständlich stellt sich die UJ jeder noch so großen Herausforderung. Frei nach dem Motto, den Handschuh nehm ich mir...
An der Language School werden unzählige junge Leute aus ganz Südafrika unterrichtet. Nebenbei, oder besser gesagt hauptsächlich, studieren diese Touristik. Durch die zusätzliche Sprachausbildung sollen die Studierenden mal zu Reiseexperten für Touristengruppen aus den jeweiligen Ländern werden. Dieses Programm wird intensiv durch private Touristikfirmen gefördert, sodass alle Studierenden ein Komplettstipendium haben (inklusive Nachhause-Fahrten, Unterkunft und Verpflegung). Der jetzige Jahrgang steht kurz vor dem Abschluß des ersten Jahres und da wollte man dann wohl mal seine erworbenen Kenntnisse unter Beweis stellen.
An den Wettkämpfen für die deutsche Sprache nahmen sieben Gruppen teil, drei von der Language School und vier von außerhalb. Darunter auch Nicho und Pieter als Repräsentanten der UJ, die sich wagten den hochbewachten Boden des Erzrivalen zu betreten und ihnen im eigenen Wohnzimmer eine Lektion zu erteilen (ich möchte hier nur kurz anmerken, dass es einfacher ist, den Campus der Wits ohne Zugangskarte zu betreten als den der UJ mit Karte....). Zu den beiden Sprachathleten gesellte sich noch eine junge, kolumbianische Doktorantin, die einen Sprachkurs am Goethe Institut belegt und ansonsten ohne Team wäre. Da die drei miteinander bekannt waren, herrschte von Anfang an ein prächtige Stimmung, die noch mehr durch den Fan Nummer 1 gesteigert werden konnte. Studenten des Wits Language Departments konnten übrigens nicht überzeugt werden, an der Olympiade teilzunehmen. Ein glasklares Zeichen von ANGST!!!
Das Team der Teams aka UJ trifft Goethe

Für den Wettkampf gab es vier Kategorien: vorbereitete Rede (eine drei Minuten Rede zu einem vorher gewählten Thema), unvorbereitete Rede (zu einem ausgelosten Thema), "60 Seconds" ( so ne Art Tabu) und ein Quiz mit Fragen zu Deutschland und Südafrika.
Ich durfte aber nicht neben meinem Team sitzen, sondern musste in der letzten Reihe am Lehrertisch zwischen zwei netten älteren Damen sitzen. Genau da wo ich hingehörte...
Ich gebe zu, die einzelnen Beiträge in den Kategorien waren jetzt nicht alle überragend (ohne voreingenommen möchte ich die UJ Beiträge davon deutlich ausschließen...) und es wirkte alles etwas hektisch. Durch die Wettkämpfe führten zwei Studenten, alles fand auf Deutsch statt und hatte dadurch einige Hoppler, der die aufgeregte Lehrerin veranlasste, ständig einzuschreiten. Sie war sehr nett, aber sehr darauf bedacht auf jede gebundene Schleife den eigenen Daumen zu drücken...Das Team mit den meisten Sympathien war von der Deutschen Schule. 15 Mädchen im Alter von zwölf Jahren, alle in ihren Schuluniformen und mächtig aufgeregt sich mit den Großen zu messen.
die Schülerinnen der Deutschen Schule beim Quiz

Nach zwei Stunden war der Spaß vorbei und die Jury zog sich zu Beratungen zurück. Durch meine guten Kontakte zur Jury konnte ich meine Studenten davon überzeugen bis zur Preisverleihung am Nachmittag zu warten. In der Zwischenzeit gab es das kulturelle Rahmenprogramm. Das fand ich sehr gelungen. Mitten auf einer großen Wiese vor der ehrwürdigen Great Mall der Wits wurde ein riesiges Zelt aufgebaut. Ein Teil des Zeltes war eine Art Messe. Mehrere Sponsoren der Veranstaltung hatten dort ihre Stände aufgebaut. Dazu gab es Spezialitätenstände aus den vier Ländern. Der deutsche Stand war leicht zu erkennen. Er war komplett mit riesigen Holsten Pilsener Pappaufstellern dekoriert. Sicherlich kein Stereotyp, aber ein Hoffnungsmacher für durstige Besucher. Natürlich ist der Alkoholkonsum in der Öffentlichkeit in Südafrika stirkt verboten und so sagte man mir auf meine Nachfrage, dass das Bier noch in der Brauerei sei und gleich komme. Komischerweise sagte man mir das jedes Mal und ich fragte mich, wie lange dieses Bier denn wohl braucht...African Time..
In der anderen Hälfte des Zeltes war eine große Bühne aufgebaut. Dort führten die Studenten der Language School ein Programm in ihren jeweiligen Sprachen auf. Es gab französiche, chinesische, portugiesische und deutsche Tänze und Theaterstücke, eine französische Modenschau, chinesische und portugiesische Coverversionen moderner Lieder und und und. Leider war das deutsche Programm das mit Abstand schlechteste. Aber der Stimmung hat das keinen Abbruch getan. Dazwischen trat immerwieder einmal eine hervorragende Zulu Tanzgruppe und ein Xylophonspieler Quintett auf. Und das Publikum hat gefeiert. Jede außergewöhnliche Tanzeinlage, jede Romantik und jeder richtiger Ton wurde mit lautem Gejohle und Jubel belohnt. Das war so mitreißend, dass man einfach mitmachen musste und anfangen musste mitzutanzen und mitzusingen. Dabei ist mein Chinesisch nun nicht gerade das Beste.
Spitzen Zulu-Tanzperformance
deutsche Showeinlage

Anschließend haben uns die angehenden Reiseführer über den Campus geführt. Unsere Führung war selbstverständlich auf Deutsch. Durch die teilweise mangelnden Sprachkenntnisse war sie sehr schlicht gehalten, hatte dadurch aber einen ganz eigenen Charme. Vor allem weil die aufgeregten Studenten immer ja darauf bedacht waren, keine Fehler zu machen.
Reiseleitung Joburg für die Reisegruppe Mahlsdorf

Dann war es endlich soweit. Der Moment auf den alle so lange gewartet. Der Höhepunkt des Tages. Der Lohn eines harten Wettkampfes....Die Preisverleihung. Obwohl ich nicht Teil der Jury war, durfte/sollte ich mit auf die Bühne und helfen die Preise zu übergeben. Das machte ich natürlich gerne. Den Preis für die vorbereitete Rede ging an ein junges Mädchen von der deutschen Schule. Das war klar, die hat diesen Preis mit ihrer Putzigkeit klar verdient. Die drei restlichen Preise, und jetzt haltet euch fest oder setzt euch lieber gleich, gingen allesamt an das Team UJ...Na da war die Freude groß und wir grinsten alle freudestrahlend und stolz wie Bolle zu den anwesenden Vertretern der Presse, für ein Gewinnerfoto zusammen mit dem Leiter der Language School.
Die Preise, mit denen ich meine Studenten gelockt hatte, stellten sich dann schnell als nicht besonders spannende Broschüren über Deutschland heraus. Aber naja, dabei sein ist alles...und mehr als gewinnen können wir nicht.
Prof Rastatier vor der Great Hall der Wits...

Montag, 6. September 2010

Vergnügen und Verderben

Und dann ist da die Long Street...
Wenn Cape Town die Mutterstadt ist, dann ist die Long Street die Mutterstraße. Diese Straße hat alles, darin sind sich alle einig. Die Long Street ist das Vergnügungszentrum Cape Towns, sicherlich gibt es auch andere wilde Orte, doch nirgends so konzentriert, wie in dieser Straße. Bar an Bar, Club an Club, Restaurant an Restaurant, Laden an Laden. Es ist wie eine Mischung aus Oranienburger Straße, Simon Dach Straße und Ku-Damm... aber irgendwie doch anders, doch irgendwie eigen.
Die Long Street beginnt am Hafen, vorbei an einigen sehr hohen Bürohäusern, kreuzt dann den Strand Boulevard (der nur so heißt, da ist nirgendswo auch nur ansatzweise ein Strand in der Nähe), hinter dem dann die Vergnügungszone anfängt. Diese streckt sich auf gut einen Kilometer und dabei gehts stets bergauf. Irgendwann wird die Long Street dann zur Kloof Street. Hier ändert sich dann auch das Straßenbild. Aus Clubs werden Bars, aus Bars Restaurants und die Souveniershops werden zu Elektroläden. Ein wenig weiter hinauf ändert sich dann alles in kleine, süße Häuschen. Man sagt, dass man diese Straße entlang laufen kann bis zum Fuße des Tafelberges. Aber das stimmt nicht. Irgendwann endet die Straße an einem alten Sklavencottage in einer Sackgasse.

Wenn man die Long Street nicht gerade mit Scheuklappen entlang spaziert, egal ob bei Nacht oder Tage, dann merkt man schnell, dass hier jeder mit jedem zusammentrifft, alles mit allem. Zwei Arten von Straßenbewohnern sind immer zu sehen. Einmal diejenigen, die die Straße erleben. Das sind hauptsächlich Touristen, Backpacker und natürlich auch Kapstädter, die sich hier amüsieren. Das Amusement ist dabei auch das Haupt- (wenn nicht sogar das einzige) Ziel. Und dann gibt es die, die von dieser Straße leben. Das geht vom Bettler über Security bis zum Hotelbesitzer, aber der letztere Teil stellt eher die krasse Minderheit da. Diese Menschen "verdienen" hier ihren Lebensunterhalt. Manche können sich dicke Bimmas und Jaguars davon kaufen, für manche bedeutet Lebensunterhalt ein paar lapprige Pommes aus einer Plastikschachtel, die sie aus der Mülltonne fischten.

Ich bin mir sicher, dass man schon alleine durch das Durchwandern der Straße einen super Einblick in die Funktionsweise dieser Straße bekommt. Aber wie glücklich kann man sich schätzen, wenn man in einem Hostel genau an der Longstreet untergekommen ist und diese über Balkone mit Straßenblick verfügen. Und genau auf einem solchen Balkon habe ich meine Beobachtungen an einem Abend durchgeführt. Ausgestattet mit einem kalten Drink und einem kleinen Stift verbrachte ich einen doch sehr kalten Abend dort und habe mal nichts anderes getan, als die Straße beobachtet. Der große Vorteil ist zum Einen, dass man durch die erhobene Position einen größeren Überblick über das Geschehen erhält und zum anderen, dass man ungestört ist. Dort oben auf dem Balkon ist man ungesehen, denn niemand schaut nach oben, alle sind auf diese Straße konzentriert und somit wird man von niemanden angesprochen, egal ob man was kaufen soll, Kleingeld locker machen soll oder doch bitte in die Bar oder den Club gehen soll. Ich hatte erst vor einen zweistündigen Spielfilm über die Straße zu drehen, aber dann ist mir doch wieder eingefallen, dass ich ja kein Regisseur bin.
Long Street Backpackers...mein Hostel

Das Hostel lag genau gegenüber einer Querstraße, in der sich ein Club befand. An der einen Ecke befand sich ein Luxushotel mit gehobener Bar. Dort drinnen habe ich zu keiner Zeit jemals einen Gast gesehen. An der anderen Ecke war "Mama Africa", eine berühmte Bar mit täglicher Livemusik. Zufälligerweise ist diese Welt ja sehr klein und so kam es, dass ich durch die Straßen zum Hostel ging und jemand ganz aufgeregt "Ilala, Ilala" schrie. Ich stutzte und überlegte. Ilala sagt mir doch was und schon kam eine junge Frau auf mich zugerannt, die ich dann auch wiedererkannt habe, den ich hatte sie schon mal gesehen und zwar auf meiner Kreuzfahrt auf Malawis einzigem Schiff der Ilala. Sie arbeitete auch noch zufälligerweise als Barpersonal im Mama Africa und so kam ich zu einem freien Drink. Aber zurück zur Straße.
Mein Liebling war eindeutig der Parkplatzwächter in der Querstraße. Hier in Südafrika stehen in vielen Straßen Männer (vereinzelt auch Frauen) mit neonfarbenen Warnwesten herum (ok, hier möchte ich schnell noch einwerfen, dass eigentlich jeder, egal was er arbeitet eine neonfarbene (grün, gelbd, rot, orange) Warnweste trägt und dass man da erstmal durchsehen muss, damit man den Sicherheitsmann nicht mit dem Müllmann verwechselt). Sie sind sehr hilfreich bei der Parkplatzsuche, denn sie zaubern immer irgendwie einen freien Parkplatz herbei (auch wenn man keinen braucht). Sie sind auch sehr hilfreich beim Einparken, denn sie winken einen in die Parklücke egal wie groß oder wie klein sie ist. In der Zeit, in der man das Auto zurücklässt, passen sie mehr oder weniger darauf auf, dass es nicht geknackt wird und dann winken sie einen manchmal auch wieder heraus aus der Parklücke und das alles für ein wenig Kleingeld, was man ihnen vor der Abfahrt in die Hand drückt. Normalerweise sieht man die Jungs ja nur beim Ein und Ausparken, aber von meinem Balkon konnte ich auch sehen, was so ein Parkplatzwächter dazwischen treibt. Mein Favourit war ein eher relaxter Zeitgenosse. Die meiste Zeit lehnte er gegen ein Auto oder saß auf dem Bordstein. Da er in einer Seitenstraße wachte (die Straßen sind strikt aufgeteilt), hatte er weniger mit den Passanten zu tun, nur mit den Besuchern des Clubs, von dem er sich aber eher fernhielt. Er bekam ab und an Besuch von seinen Kumpels und dann saßen sie gemeinsam in der Gegend herum. Wenn doch Leute vorbeikamen, dann schnorrte er sie nach Zigaretten an und borgte sich dann hinterher Feuer beim Türsteher des Mama Africas. Vom Typ her war er ein Schlenderer und so schlurfte er durch die Straßen. Aber wenn er am einen Ende der Straße war und am Anderen wollte jemand aus der Parklücke fahren, dann sprintete er los und war immer rechtzeitig am Fahrerfenster um seine 1-2Rand zu verlangen. Hat er sein Geld bekommen, schlürfte er wieder gelangweilt fort. Nichts mit herauswinken aus der Parklücke. Gab es in seiner Straße ein Problem sah ich ihn nie. Ein Mädchen kam aus dem Club und kippte um. Ihre Freunde, die sie besorgt umrundeten überlegten, was sie tun sollten: Krankenwagen, Taxi, erste Hilfe...er war nicht da. Eine mächtige Schlägerei zwischen mehreren Besoffenen (wahrscheinlich grade aus dem Club rausgeschmissenen) Halbstarken fand statt. Die fliegenden Körper den geparkten Fahrzeugen brenzlig nahe...er war nicht da. Ein riesiger Bus (warum auch immer) quetschte sich durch die sehr enge und vollgeparkte Straße, nahm hier und da mal etwas Lack mit...er war nicht da. Sobald der Stress vorbei war, saß er aber jedes Mal wieder auf seinem Lieblingsplatz, der Fensterkante des Hotels...
Pepper Street, Querstraße der Longstreet, Blick vom Balkon auf Club, parkende Autos und den Parkplatzwächter...

Dann sind da die Gäste der Long Street. Alt, jung, reich, nicht ganz so reich, Studenten, Reisende, Künstler, Touristen, Südafrikaner, schwarz, weiß, einzeln oder in mächtigen Reisegruppen.
Die älteren Herrschaften sah man am früheren Abend in den nobleren Bars oder natürlich in Mama Africa. Den Jüngeren gehörte die Nacht und vorher die restlichen Bars (Alkohol in der Öffentlichkeit ist in Südafrika strikt verboten, deshalb muss man in einer Bar trinken). Die Menschen kamen von überall her. Eine italienische Reisegruppe ist mehrmals an mir vorbei gezogen und hat jedes Mal nur "Italy" skandiert. Die Leute sangen voll mit guter Laune und ganz passablen Kaltgetränken. Manche waren dem Wetter entsprechend in Windjacken eingepackt, aber viele (besonders Mädchen) liefen hastig und sehr spärlich bekleidet zwischen Auto und Club hin und her. Unter den Gästen waren ängstliche Touristen (ich frage mich immer, wie man seinen Rucksack vorne trägt und fest umklammert hält, das erregt doch nur die Aufmerksamkeit potentieller Tsotsis), mutige Weltreisende, die alles schon gesehen haben, Player mit dicken Goldketten und wunderschönen (kleiner Gruß an Chrischi...) Ed Hardy Klamotten, die ihre Chics ausführten und Teenies, die von ihren Eltern abgesetzt wurden. Dies sind die Leute, die das Geld in die Straße bringen und alle anderen Leben von ihnen. Wie ich mir die ganzen Gäste so anschaute, fragte ich mich immerwieder, wie es denn sein könne, dass uns nach dem ersten Abend die ganze Straße gekannt hat... Tja, so ist das halt

Um die ganzen Menschen zu schützen, ist ein großer Teil der Long Street 24Stunden am Tag bewacht. Überall sieht man die Menschen in ihren diesmal neongelben Westen und einem Schlagstock am Gürtel. Da auf den Westen "Public Safety" steht, gehe ich davon aus, dass sie von der Stadt engagiert sind. Dies bedeutet, dass ihr Lohn wohl mehr als nur gering sein wird. (Da fällt mir direkt ein, dass der Streik des öffentlichen Dienstes nach 19Tagen ab morgen für 21 Tage ausgesetzt wird, um wenigstens ein wenig Normalität im Land einkehren zu lassen). In der Long Street sieht man so gut wie gar keine Polizei. Es gibt zwei Erklärungen dafür: Erstens, die Stadtverantwortlichen denken sich, dass man doch schon die 24h Security vor Ort hat. Warum also noch mehr Personal verschwenden. Zweitens, die Polizei meidet die Long Street... wahrscheinlich nicht aus Angst, eher gegen gut gefüllte Briefumschläge... Wenn der Parkplatzwächter schon jeder kleinen Schwierigkeit aus dem Weg geht, dann wird ein Sicherheitsmann, bei dem Hungerlohn, sein Leben nicht aufs Spiel setzen, um einen, vielleicht drogenvollgepumpten, Tsotsi zu stoppen, der einer reichen Touristin die Handtasche stiehlt. Eher im Gegenteil, den Tsotsi walten lassen und dann hinterher Halbe-Halbe zu machen ist doch viel lukrativer. Ich wurde des Öfteren von diesen Vertretern des Gesetzes gefragt, ob ich nicht ein paar "Bob-Marley-Gedenk-Zigaretten" erwerben möchte... Nur vor den Clubs und Bars, da funktionieren die Securitys. Aber diese sind dann auch privat von der jeweiligen Einrichtung eingestellt, bekommen sicherlich ein besseres Gehalt und sehen zudem auch noch aus, wie Türsteher. Während man die öffentlichen Sicherheitspersonen, außer an ihren Westen nicht als solche auszumachen sind, stehen vor den Clubs und Bars echte Schränke. Und in ihrem Bereich, meist nur die 2-3 Quadratmeter vor dem Eingang, ist auch alles sauber. Bettler werden verscheucht, Taschen und Kleidung nach Waffen durchsucht, Frauen hinterhergepfiffen und die leichten Mädchen gedrückt...

Zu jeder ordentlichen Vergnügnungsmeile, wo es immer ein paar Vernünftige gibt, die ihr Auto auf dem Nachhauseweg nicht mit 3,0Promille gegen den nächsten Baum setzen wollen, gehören die Taxifahrer. Ich kenn mich mit deutschen Taxiunternehmen nicht aus. Sicherlich gibt es auch dort verschiedene Taxifirmen, aber im Endeffekt sehen die meisten Taxen gleich aus. Entweder sie fahren frei durch die Straßen und man pfeift eins ran oder sie stehen an der Taxireihe und man steigt in das vorderste Taxi ein. Hier ist es anders, wenn irgendwo vor einer Bar fünf Taxen stehen, dann sind diese von fünf verschiedenen Taxiunternehmen, wie man sehr leicht erkennen kann. Es gibt die alten englischen Taxen, die bequemen Großraumtaxen, die Elite-Taxen (meist Benz oder Bimma) und natürlich die preiswerteren (so steht es zumindest drauf und so sehen sie auch aus) Taxen, wo man die Türen nicht zuschlagen darf, damit das Auto nicht aufeinander fällt. Die Taxen parken überall, normale Parkplätze (von denen sie ab und an, je nach Bedarf vom Parkplatzwächter vertrieben werden), zweite Reihe, dritte Reihe, quer auf der Straße. Sobald potentielle Kunden zu sehen sind, springen die Fahrer aus ihren Wagen und umzingeln die Gäste. Jeder versucht die meist überforderten Menschen in sein Taxi zu lotsen. Es herrscht immenser Konkurrenzkampf zwischen den einzelen Unternehmen. Der zeigt sich besonders deutlich, dass alles getan wird, um den anderen Fahrern die Tour zu vermiesen. Von Beschimpfungen bis zum Einparken, alles ist dabei. Und will ein volles Taxi erstmal losfahren, kommt aber nicht fort, dann denken die Anderen kein bißchen daran Platz zu machen, warum auch. Und wenn der Druck dann zu groß wird, vielleicht noch ein Securitymann vom Club einschreitet, dann wird der Motor angeschmissen, 5cm nach vorne gefahren und das war es. Bei weiteren Beschwerden wird dann signalisiert, dass man doch alles erdenkbar mögliche getan hat und mehr als 5cm vorfahren sein nun mal nicht drin. Sobald es ein Taxi doch geschafft hat loszufahren, beginnt ein neuer Kampf und zwar zwischen den Taxen, die den freigewordenen Platz ergattern wollen. Das alles endet eigentlich jedes Mal in pausenlosen Gehupe und wenn sture Taxifahrer die ganze Straße blockieren auch in langen Staus und jeder beginnt in diesem Stau früher oder später an zu hupen. Wahrscheinlich einfach nur, weil man dran erinnert wird, dass man ja auch ne Hupe hat und diese noch nie ausprobiert hat...mal gucken ob sie überhaupt geht...
Mama Africa mit Türstehern und wartenden Taxen

Dies waren bisher die Menschen, die ein Gehalt bekommen, mag es noch so mickerig sein. Vielleicht können sie sich von diesem Gehalt nur eine der Wellblechhütten in den Siedlungen zwischen Flughafen und Innenstadt leisten. Aber immerhin haben sie so eine Hütte, und manchmal sogar einen Fernseher. Aber dann sind da noch die, die mit ihnen von dieser Straße leben. Wenn die Long Street eine Leiter ist, sagen wir den Tafelberg hinauf, dann sitzen an der Tafel die Gäste und Besitzer der Kneipen, Hotels und Clubs, und auf der untersten Stufe stehen die Bettler, Straßenkinder, Prostituierten, Müllsammler usw., die noch nicht einmal die Tafel ganz oben erahnen können. Wenn man (egal ob tags ob nachts) durch die Long Street läuft wird man permanent angequatscht, wenn man länger zuhört, kann man sich die Geschichten anhören, die alle damit enden, dass die Personen sehr hungrig sind und etwas Kleingeld brauchen. Auch in Jozi sieht man die Bettler an jeder Ampel von Auto zu Auto gehen. Aber ich habe das Gefühl, dass hier ein freundliches aber bestimmtes NEIN ausreicht und sie versuchen es woanders. Nicht so in der Long Street, ein Nein ist da nicht gleich ein Nein und so kann es ziemlich penetrant werden. Man wird am Arm gezerrt und wenn man diesen dann energisch wegzieht hört man nur: Sorry sorry Sir, aber ich bin so hungrig... Viele Touristen geben wahrscheinlich einfach Geld, damit sie in Ruhe gelassen werden. Aber das bringt nichts, denn ist man einen los steht an der Ecke schon der Nächste und es beginnt von vorne. Natürlich sind unter ihnen viele Gestalten, wo es schwer fällt kein Mitleid zu haben. Es sind junge Kinder, dünn wie ein Strich dabei, alte Männer, die jeden Müllberg nach einem noch so kleinem Bissen durchsuchen und die selbst den verklebten Käse von den Fast Food Packungen knabbern, Drogensüchtige, Prostituierte, die so fertig aussehen, dass man gleich HIV/Aids auf ihre Stirn schreiben könnte und noch viele mehr, wie die "Schwulen Mädchen". Wie es der Zufall so will, waren wir eines Morgens mit einer dieser Gestalten zusammen frühstücken (ist immerhin besser als Geld zu geben) und hörten uns die Geschichte des Lebens an (solange wir nicht zu personelle Fragen stellten, dann wurde nämlich gleich auf stur gestellt.). Aber ich will hier nicht auf die Tränendrüsen drücken... Diese Bewohner der Straße werden vom Rest als Abschaum behandelt. Wenn der Parkplatzwächter mal nicht aufpasst, versuchen sie die 2Rand des ausparkenden Gastes zu erhaschen, aber wehe der Wächter sieht es. Sie werden von Securities gejagt und verscheucht und wehe sie werden gefasst... Sie ziehen von Gast zu Gast und von Mülltonne zu Mülltonne...Gerade letzteres ist zu den Morgenstunden teilweise sehr lukrativ, denn dann stellen die Clubs und Bars ihr Mülltonnen für die tägliche Abholung auf die Straße
Die morgendliche, verregnete Long Street

Das ist sie die Long Street. Entschuldigt bitte, dass dieser Bericht etwas länger ausgefallen ist, aber ich hatte keine Zeit mich kurzzufassen. Außerdem hat mich diese Straße fasziniert. Ich weiß, dass auch heute wieder zwei Menschen auf ihr unterwegs sind. Einer von beiden kann morgen wieder fort sein, da sein, wo er will und etwas anderes tun. Der Andere kann nur davon träumen, diese Straße endlich zu verlassen...

Die Mutterstadt

Kapstadt, Cape Town, iKapa oder auch einfach Mutterstadt, wie die 1652 gegründete südlichste Stadt Afrikas allgemein genannt wird. Der Name Mutterstadt bezieht sich zum einen darauf, dass es die älteste Stadt Südafrikas ist und außerdem sagt(e) man sich, dass Kapstadt so langsam funktioniert und alles um die neun Monate braucht... Wer kennt sie nicht diese Stadt an der Tafelbucht, überragt vom Tafelberg (wenn die Wolken mal den Blick auf ihn freigeben) und berühmt durch eine kleine Insel vor der Küste, auf der Tausende von Befreiungskämpfern jahrelang gefangen gehalten wurden. Der name der Insel ist Robben Island und unter den Gefangenen Personen wie Walter Sisulu, Kgalema Motlanthe, Jacob Zuma, ..., und natürlich Nelson Mandela.
Alle schwärmen von dieser Stadt. Viele sagen, es sei die schönste Stadt Afrikas. Einige behaupten sogar, es sei die schönste Stadt der Welt. Das wollte ich natürlich mal überprüfen und da meine Kleinen eine Woche Ferien hatten, buchte ich einen Flug (denn ein Flug ist fast genauso teuer, wie eine Fahrt im Bus, nur 22Stunden kürzer) und ab ging die wilde Fahrt äh der Flug..
Nachdem wir die Staubwolke die Jozi umgibt hinter uns gelassen haben, ging es erstmal eine Weile über riesige Farmen. Dann folgte Natur, Berge und unangetastete Natur...die Halbwüste Karoo. Und je näher wir Cape Town kamen desto bewölter wurde es. Erst als wir im Landeanflug die Wolkendecke durchbrochen haben, konnte ich wieder die Aussicht geniessen und ich gebe zu, es war die wohl schönste Landung, die ich je erlebt habe. Alles war grün, unter mir die weiten Weinberge und dahinter die immer näher kommenden Häuser der Stadt. Illegale Blech-Townships , Hochhäuser, Villen mit Pool, soweit man sehen konnte, erstreckten sich um einen mächtigen, wolkenverhangen Berg (na ratet mal welchen Berg ich meine könnte). Und dahinter der Ozean. Manche sagen Kapstadt ist die Stadt der zwei Ozeane, aber das stimmt so nicht. Das Kap der guten Hoffnung, der südwestlichste Punkt Afrikas, ist ganze 45km entfernt. Und das Kap Agulhas, der südlichste Punkt Afrikas und die Grenze von Atlantik und Indischen Ozean, ist noch weiter entfernt.
Das WM-Staion von CT

Nach Verlassen des Flughafens merkte ich sofort, dass es doch deutlich kühler war, als ich angenommen habe. Kurz streiften Sorgen meine Gedanken, ob denn mein Reisegepäck ausreichend sei (mein Rucksack und ein kleiner Stoffbeutel), aber schnell waren die auch wieder fort, denn da stand Jemand mit einem Schild auf dem mein Name stand. Yeah. Während der kostenlosen Shuttle-Fahrt zum Hostel wurde mir erstmals bewusst wie vertrocknet und staubig Jozi eigentlich ist. Aber klar, in Joburg ist nirgendswo ein Fluß oder anderes Gewässer in der Nähe und die Stadt wurde erbaut auf dem weiten staubigen Veld (nein, ich weiß wie man Feld schreibt, aber ich meine Veld). Kapstadt hingegen ist sowas von grün und blühend. Die weiten Straßen waren gesäumt von Bäumen, vorzugsweise Palmen, und schlängelten sich am Fuße des Tafelberges entlang, mit einer wunderbaren Aussicht auf die Innenstadt. Aber kurz hinter dem Flughafen erstreckten sich auch riesige Blechsiedlungen, Mini-hütten, dicht an dicht aus jeglich erdenkbaren Material. Solche Siedlungen habe ich bisher in Jozi noch nicht gesehen (auch wenn es sie hier gibt!!!). Im Kontrast dazu sieht die Innenstadt sehr reich aus. Riesige Bürokomplexe, teure Hotels, viele Touristen, Bar an Bar und an jeder Ecke steht ein privater Sicherheitsmann. Mein Hostel lag direkt in der Long Street, der Straße die das Herz eines jeden Liebhabers nächtlicher Aktivitäten höher schlagen lässt. Ich hatte das Gefühl die Mehrheit der Gäste waren deutsche, alles Rucksacktouristen, die ihre Reise durch Südafrika in Kapstadt begannen oder beendeten. Meine Nächte in dem Mehrbettzimmer (worauf ich jetzt eigentlich nicht so stehe...) waren auch ok, auch wenn ich dummerweise mein Handtuch und Pulli auf dem Bett liegen lassen habe und die Putzfrau dachte, ich sei abgereist und hat es entfernt. Später waren beide Sachen nirgendswo mehr aufzufinden. Aber das sind nur materielle Schäden.
Der Tafelberg versteckt in den Wolken

Parkplatz, Hafenbecken der Waterfront, Skyline Cape Towns und dahinter der Tafelberg und die nächsten Wolken, die versuchen ihn zu erklimmen (von vorne nach hinten...)

Die Tage waren kühl und teilweise auch stark verregnet. Aber das Wetter hielt mich nicht davon ab die Stadt von A bis Z (einzelne Buchstaben dazwischen hab ich aber übersprungen) zu Fuß zu erforschen. Von der Longstreet bis zur Waterfront. Vom Sea Point bis zum Parlamentsgebäude. Vom Hafen bis zum Tafelberg. Ich beschränkte mich aber darauf die Sehenswürdigkeiten von außen zu betrachten, denn Cape Town ist sehr teuer und das spiegelt sich auch in den jeweiligen Eintrittspreisen wieder. So musste ich sogar meinen fest geplanten Ausflug nach Robben Island abblasen, denn erstens fuhr aufgrund des Wetters bis Donnerstag Vormittag kein Schiff dorthin und zweitens haben die Kosten nicht ganz in meinen Plan gepasst. Da muss ich einfach mal später wiederkommen...Auch den Tafelberg hab ich nicht ganz bestiegen. Ich begann zwar die ziemliche steile und anstrengende Klettertour, aber nach der Hälfte gab ich auf. Der Tafelberg war in dicke Wolken gehüllt und da war mir ein Erklettern nicht ganz so geheuer. Ich stieg also wieder ab, ging zum Wasser, drehte mich um und sah einen Tafelberg ohne Wolken vor einem strahlend blauen Himmel...na toll, aber wenigstens hat ich dann noch mal die ganze Pracht dieses Berges gesehen. Andererseits hätte ich dessen Existenz angezweifelt...
Was hat Cape Town sonst noch zu bieten? Ach ja, das Nachtleben...Das Nachtleben hat alles was dazu gehört: Menschenmaßn, Clubs, Bars. Naja, ihr könnt euch ja vorstellen, wie das dann ablief. Alle ham ein kleines Bier getrunken und sind dann nach Hause schlafen gegangen...
Strand-Boulevard...ganz schön windig

Nach 5 Tagen Cape Town war ich dann schon etwas traurig wieder zurück fliegen zu müssen, aber ich gebe auch zu, dass es ein klein wenig anstrengend war für meine alten Knochen und außerdem habe ich gehört, was für Wetter in Jozi herrscht und so konnte ich mich doch noch von dieser faszinierenden Stadt lösen... Ich wurde oft gefragt, welche der beiden Städte ich denn nun schöner finde. Also von der Architektur und der ganzen Umgebung ist natürlich Cape Town hübscher. Aber ich denke zum Leben ist Jozi sicher spannender und kann mehr bieten...
Robben Island hab ich leider nicht gesehen, aber die Namensgeber waren überall (nicht ganz überall, eigentlich nur im Wasser und manchmal auch an Land...)

Sonntag, 29. August 2010

Kultur Kultur, ein wenig Party und ein neuer Name

Hallo Freunde,
ich will nicht unverschämt sein, aber ich bin brennend interessiert: Fangen bei euch auch die Bäume an zu blühen? Hier schon. Ich hatte erst geplant, den Baum in unserem Garten täglich zu fotografieren, um den Fortschritt bildlich festzuhalten...aber naja, bisher hab ich genau null Bilder von dem Baum gemacht. Ich und meine Kamera, wir sind schon ein tolles Paar...
In der kulturell vielfältigsten Stadt Südafrikas (vielleicht sogar ganz Afrikas) wird man natürlich täglich mit Kultur konfrontiert und darf sich ihr nicht verschließen. Und das habe ich in der letzten Woche auch nicht getan. Los ging der Spaß auf einem Theaterfestival, welches im Theater der Wits University stattfindet. Das Festival heißt "Drama for Life" und geht auf künstlerische Art und Weise mit dem Thema HIV/Aids um. Und da ich ja in der Schauspielerei ein zweites Standbein sehe, wenn es mit der Afrikanistik nicht klappt, habe ich mir auch eins der Theaterstücke angesehen, mit dem Namen "Sexcape".
(Ich hoffe niemand denkt jetzt, dass ich Schauspieler werden will. Nein, im Gegenteil, ich kenne einen jungen, motivierten Schauspieler und ich habe gute Chancen sein Manager zu werden...ansonsten würde ich nämlich alte Geschichten über ihn auspacken...)
Das Stück war jetzt kein Theaterstück im klassischen Sinne. Es war eher ein Ballett. Die 8 Schauspieler tanzten das, was sie ausdrücken wollten und nur ganz vereinzelt wurde gesprochen. Zuerst dachte ich, dass ein kleiner Tanz als Prolog ja super sei, dann, dass die doch langsam mal aufhören können mit tanzen. Aber gegen Ende des Stückes hat es mir doch ganz gut gefallen, denn die Tänzer waren wirklich extrem gut. Ich war dann auch froh, dass ich das Stück ein wenig verstanden habe. Nicht zu 100% natürlich, aber immerhin 20...
Das große Kulturprogramm ging dann am Samstag weiter. An diesem Tag habe ich soviel Aktion gehabt, wie sonst in einer Woche, deshalb jetzt eine mehr oder weniger detailierte Tagesbeschreibung.
Los ging der Spaß im berühmt berüchtigten Hillbrow. Dort holte ich meine Reiseführerin ab, die dort in einem größeren Appartementkomplex wohnt. Natürlich war ich das perfekte Beispiel für deutsche Pünktlichkeit und damit ich nicht die ganze Zeit auf der Straße rumstehe, sollte ich doch rein kommen. So bekam ich einen exklusiven Einblick, wie die Menschen in Hillbrow denn wohnen. Ich musste natürlich erst mal die Sicherheitskontrollen über mich ergehen lassen. Ich musste mich in die Besucherliste eintragen, mit Namen und Grund meines Besuche, erst dann wurde ich durch die Gittertür gelassen. Die Hausbewohner betreten und verlassen das Haus durch eine Drehtür, die sie mit ihrem Fingerabdruck betätigen. Ist man erst mal drinne, hängt unten im Treppenhaus ein Brett, wo die Hausbewohner ihre Schlüssel anhängen, so ganz unbewacht. So eng liegen Angst vor Verbrechen in dieser gefährlichen Nachbarschaft und Vertrauen in die Nachbarn beieinander.
Die Wohnung war eine Ein-Zimmerwohnung plus Bad. Und ein Zimmer bedeutet wirklich nur ein Zimmer. Es gab keine Küche, keine Kammer, kein anderes Zimmer. In dem Zimmer stand ein Kühlschrank, ein kleiner Kocher, eine Schrankwand mit TV und Stereoanlage und 2 Betten. Denn dort wohnt Cherrol, meine Reiseführerin, mit einer Freundin und deren Tochter. Während ich also wartete, wagte ich einen kleinen Streifzug durch das restliche Haus. Überall waren Wohnungen, die wahrscheinlich alle genauso groß waren. Mir kamen unzählige Gerüche von Gemüse, Huhn, Maismehl entgegen. Aus den Wohnungen dröhnten laute Fernseher, noch lautere Musik und im abgegitterten Treppenhaus spielten die Kinder. Alles sehr faszinierend.


In den Hinterhöfen Hillbrows

Dann ging die Reise los. Zuerst ging es nach Downtown, denn der feine Herr wollte unbedingt auf das Carlton Hochhaus. Dies war früher mal ein absolutes Luxushotel, stand dann aber nach dem Ende der Apartheid für eine halbe Ewigkeit leer. Mittlerweile befindet sich unten ein Einkaufszentrum und ganz oben eine Panorama-Aussichtsplattform. Die Büros, die dazwischen liegen, sind zur Hälfte genutzt und zur Hälfte verwaist. Das Carlton Gebäude ist das höchste Gebäude der Stadt und von der Plattform hat man einen ganz fantastischen Blick über ganz Joburg, jedenfalls soweit wie es die staubige Luft der Minengroßstadt zulässt.



Joburg von ohm

Die nächste Station war die Mai Mai Ceremony Pre-School. Eine Art kultureller Schule für Zulu Mädchen und Jungen. Sie liegt in der Nähe des Mai Mai Marktes. Dort kann man alle Zutaten kaufen, die man für Muthi braucht. Muthi ist Zauberei der traditionellen Doktoren der Zulus und der Hexer und Hexen. Natürlcih muss man auch wissen, was man mit den gekauften Zutaten anfängt, sonst sind sie wertlos. Ich jedenfalls hatte das große Glück einer samstäglichen Zeremonie einiger Zulu-Mädchen beiwohnen zu dürfen, da Cherrols Onkel der Leiter der Schule ist. Die Mädchen waren im Alter von 8 bis 16 Jahren, einige waren traditionell gekleidet, andere trugen Ed Hardy und co. In einem kleinem Hof standen sie im Halbkreis und sangen und klatschten. Außenherum standen die stolzen Mütter und über die Hofmauer lugten viele Schaulustige. Die Mädchen tanzten nun allein, zu zweit oder in einer Gruppe in der Mitte. Dabei ging es besonders darum die Beine möglichst hoch zu reißen und mit voller Wucht auf den Boden zu stampfen. Die meisten der Mädchen taten dies barfuß und bei einigen endete es mit blutigen Füßen. Zwischendurch wurden einzelne Mädchen immer in einen abgetrennten Raum geführt. Dort wurden sie kontrolliert, ob sie noch Jungfrauen sind. Der Tanz den die Mädchen aufführten darf nämlich nur von Jungfrauen getanzt werden. Jede kontrollierte Jungfrau wurde lautstark gefeiert und durfte erstmal eine Runde in der Mitte tanzen. Nach 2 Stunden war das Spektakel vorbei. Wir wurden die gesamte Zeit wie Ehrengäste behandelt, man brachte kalte Getränke und kleine Snacks. Ich wurde auch zu anderen Zeremonien in der näheren Zukunft eingeladen..


Der Tanz der Zulu Jungfrauen

Da ich ja hier in der Regenbogennation bin, gibt es natürlich nicht nur die traditionellen Tänze der Zulus. Unsere nächste Station war Downtown. Dort finden jeden Samstag an einer Straßenecke hinter dem Supreme Court (eine Art oberstes Gericht) traditionelle Tänze der Tswana statt. Diese waren aber eher dazu da Unterhaltung zu bieten und etwas Geld zu verdienen. Es ging ständig jemand mit einer Dose herum und sammelte kleine Spenden ein. Dafür waren die Tänze (ich gebe es zu) ein wenig spektakulärer. Die Tänzer waren alle traditionell gekleidet und spulten ihr ganzes Repertoire herunter, welches vom Publikum frenetisch gefeiert wurde. Natürlich wurden auch einzelne Zuschauer mit in die Tänze einbezogen und so kam es, dass der einzige weiße Zuschauer auf einmal von drei großen Tswana Tänzern angetanzt wurde. Da konnte dieser halt nichts machen, als ebenfalls die Hüften etwas kreisen zu lassen. Als Dank gab es den Beifall des restlichen Publikums und er wurde etwas rot...


traditioneller Tswana Tanz inmitten der Großstadt

Mittlerweile war es bereits nachmittags und da beschlossen wir spontan nach Soweto zu fahren. Cherrol kennt sich dort besonders gut aus, weil sie dort aufgewachsen ist. Soweto muss ich ja niemandem mehr vorstellen, oder doch?
Soweto liegt südwestlich von Johannesburg, gehört eigentlich noch dazu, ist aber in Wirklichkeit eine eigene Stadt mit mehr als einer Million Einwohnern. Soweto steht für SOuth WEst TOwnship und wurde, im Zuge der Rassentrennung, als Siedlung für die Schwarzen von der Apartheid Regierung gegründet. Soweto ist durch vielerlei Dinge berühmt. Nelson Mandela hat dort gewohnt, Studentenaufstand von 1976 und und und.
Als erstes schauten wir uns natürlich das Wohnhaus Nelson Rolihlahla Mandelas an. Er selber sagte mal dazu, dass es nicht besonders groß war, aber es war sein erstes eigenes Haus.
Wir bekamen eine Führung einer netten älteren Dame, die uns zu jedem Stein im Garten und im Haus etwas erzählen konnte. Das Haus war wirklich nicht groß, gerade mal 2 Schlafzimmer und eine Wohnküche. Nelson Mandela hat dort mit seiner zweiten Frau Winnie und drei Kindern zusammen gewohnt. Als er im Gefängnis saß, fiel das Haus zwei Brandbombenanschlägen und mehreren Drive-by Shootings zum Opfer. Aufgetragen durch die Apartheidsregierung, um möglich Aktivisten einzuschüchtern. Das Haus liegt in der Vilkazi Street in Orlando West. Die Straße ist die einzige Straße der Welt, in der zwei Friedensnobelpreisträger gewohnt haben Nelson Mandela (1993) und Erzbischof Desmond Tutu (1985).


Prof Rastatier bekommt die Einschusslöcher am Hause Mandelas gezeigt

Danach ging es weiter zum Hector Peterson Museum. Dies ist ein Museum, welches sich mit dem Studentenaufstand von 1976 gegen das Apartheidsmuseum beschäftigt. Die Schüler und Studenten wurden zu dieser Zeit gezwungen ihren Schulunterricht auf Afrikaans abzuhalten (Bantu Education Act). Dies war aus zwei Gründen nicht ertragbar. Erstens war es natürlich die Sprache der Apartheid und somit der unmenschlichen Unterdrücker und zweitens war die Sprache den Wenigsten geläufig und somit verschlechterten sich die schulischen Leistungen enorm und damit die eh schon spärlichen Berufsaussichten. Stellt euch doch einmal vor, von einem Tag auf den anderen werden alle Schulfächer und Universitätskurse auf Zulu gehalten... Dagegen wollten die Studenten in Soweto demonstrieren. Niemand hat wohl damit gerechnet, dass der Tag so blutig enden würde. Aber plötzlich ertönten Schüsse von den Polizisten und der junge Student Hector Peterson starb. Ihm ist der Platz und das Museum über dem Aufstand gewidmet.
Nach dem ersten Toten eskalierte die Situation natürlich. Studenten bewaffneten sich mit Steinen und Stöcken und traten an gegen die schwerbewaffneten Polizisten. Unzählige junger Studenten ließen dabei ihr Leben. Viele andere Townships in ganz Joburg und im ganzen Land solidarisierten sich und gingen auch auf die Straße und auch die weißen Studenten der Wits University protestierten: "It's not about the language, it's about the system." stand auf ihren Plakaten. Ein klitzekleines Bißchen erinnert mich die Geschichte um Hector Peterson an Benno Ohnesorg, auch wenn man die Hintergründe eigentlich nicht vergleichen kann/darf.


Das berühmteste Bild des Studentenaufstandes von 1976: Ein Mann (Name ist mir grad entfallen) trägt den toten Hector Peterson davon

Dann war unser kultureller Abschnitt des Tages beendet und weil wir schon mal da waren, wollte Cherrol doch ihre Familie besuchen. Wir fuhren also zu einem dieser typischen Backsteinhäuser. Dort leben Großmutter, Tante, Cousins mit Frauen und Kindern. Wir wurden höflich heringebeten und es began eine muntere Diskussion über meine Haare (die Tante wollte mir partout nicht glauben, dass es keine Extensions sind) und natürlich die WM. Dort bekam ich auch meinen neuen Namen. Zwischendurch verließ die Tante uns nämlich kurz, um im Center auf der anderen Straßenseite eine Partie Chinese Gambling zu spielen (ich glaube das ist Bingo). Dort setzte sich auf eine vertikale Reihe und gewann prompt. Da sie vergessen hat wie ich heiße und da solch eine Reihe in dem Spiel King heißt, beschloß sie, dass ich von nun an nur noch KING bin. Ich sag mal so, sicherlich kein schlechter Name, gerade für Soweto...
Später ging es noch zu einigen Freunden Cherrols. Es war mittlerweile dunkel, doch Soweto schien gerade erst aufzustehen. Millionen Menschen auf den Straßen. Die Bars voll. Von überall laute Musik. Lachen, Tratschen, Leben, Liebe. Ein wenig erinnerte mich die Atmosphäre an die Straßen Lilongwes an einem Freitag Abend...

Für all die Kluturbanausen. Ich war natürlich nicht nur intelligent unterwegs. Nein, ich habe auch die vermutlich geilste Party meines bisherigen Lebens erlebt (ich klammere mal den KDK aus, denn der steht außer Konkurrenz). Eine Reggae/Dancehall Party im Bassline. Der Club liegt in Newtown, dem Stadtteil, was gerade kulturell hergerichtet wird. Und der Club sah aus wie eine Mischung aus Theater (lauter Sitzränge) und riesiger Tanzfläche. Es waren bestimmt über tausend Leute da, die jeden Tune extrem gefeiert haben. Unter den ganzen Leuten waren genau drei Weiße: ein Spanier, ich und der DJ, der aussah wie eine Mischung aus Barney und David Rodigan und die Leute zum Kochen gebracht hat.
Es gab die Dancers auf der Bühne, eine kurze open mic session, und bei jedem Mavado, der gespielt wurde sind die Leute komplett ausgerastet. Der Oberhammer. Da habe ich es auch in Kauf genommen, dass ich am folgenden Tag etwas müde in der Uni war. Meine Kleenen haben das natürlich sofort gemerkt und mich damit aufgezogen, aber im Endeffekt fanden sie es doch ziemlich cool...und ich werd wieder hingehen.

Aber nicht in der kommenden Woche, denn morgen steige ich ins Flugzeug und ab geht die wilde Fahrt auf nach Kapstadt. 5 Tage Urlaub an Afrikas Südspitze.
Der Generalstreik des Landes hält ja immernoch an und immer weitere Gewerkschaften solidarisieren sich mit den Streikenden und machen mit. Noch sind die Flughäfen davon nicht betroffen, also hin komm ich auf jeden fall, nur zurück....

ihr und ich, wir werden sehen

Montag, 23. August 2010

Eine neue Woche, eine neue Story...

...genauso handeln wir das.
Ich möchte aber gleich zu Beginn anmerken, dass ich diesmal nichts mit schönen und bunten Bildern hinterlegen kann. Das liegt nicht daran, dass ich keine Bilder gemacht habe oder dass irgendetwas mit der Kamera geschehen ist. Nein, es liegt daran, dass mein armer Läppi etwas spinnt und nicht mehr ganz so funktioniert, wie ich es von ihm erwarte. Naja, ich will nicht schimpfen, denn grade läuft er, erkennt aber die Fotokarte nicht.
Vielleicht hat sich Lappi auch nur mit dem hiesigen öffentlichen Dienst solidarisiert und streikt. Denn hier geht es grade etwas drunter und drüber. Grund ist ein riesiger Generalstreik des öffentlichen Dienstes, besonders Lehrer und Krankenhausmitarbeiter machen mit. Ich habe ja schon vor einiger Zeit angekündigt, dass eine 8,6% Lohnerhöhung plus 1.000Rand House allowance (sowas wie ein Mietzuschuss) von den Streikenden gefordert wird. Die Regierung möchte aber nicht mehr als 7% und 750Rand house allowance zahlen. Dieser Streit geht nun schon seit Ewigkeiten und war nur für die WM kurz ausgesetzt. Nun wurde es aber Ernst. Einerseits bekommen Mitarbeiter des öffentlichen Dienstes oft nur einen Hungerlohn und die gezahlte Mietunterstützung reicht grade mal für eine Hütte in irgendeinem Township , andererseits behauptet die Regierung, dass sie einfach nicht mehr zahlen können, weil sie nicht mehr haben. Und das im Motor Afrikas. Die niedrigen Löhne sind übrigens mit der ärgste Grund für ausufernde Korruption. Man braucht halt einen kleinen Nebenverdienst.
Südafrika hatte ja schon immer eine ausgeprägte Streikkultur, angeführt von mächtigen Gewerkschaften, und nun wird seit Dienstag unbefristet gestreikt. Natürlich das gute Recht eines Jeden in einer Demokratie. Aber die Streikenden gehen soweit, dass Menschen angreifen, die nicht mitstreiken und lieber arbeiten wollen, um Nicht-Streikende einzuschüchtern. Dies gilt wieder besonders für Krankenhausarbeiter. Viele Patienten können nicht behandelt werden, weil es kein Personal gibt. Es führte schon zu einigen Todesfällen, besonders bei Säuglingen. Mittlerweile helfen schon Militärs mit. Und auch den Schülern des Landes gefällt der Streik gar nicht. In zwei Monaten ist das Schuljahr zu Ende und wird mit dem Examen abgeschlossen, hunderttausende Schüler schreiben dann auch ihre Matric (was bei uns das Abitur ist). Diese haben nun natürlich Angst, es aufgrund des Streikes nicht zu bestehen.
Dort wo sich Streikende versammeln, ist es oft sehr angespannt und Polizisten setzten bereits Gummigeschosse ein. Auch ich habe Streikende gesehen, aber ganz friedlich.
Ich war nämlich mal wieder in Downtown Jozi, wo ich mich mittlerweile perfekt auskenne...fast. Ich habe nämlich eine Stadtrundführung bekommen. Es ist wirklich erstaunlich wie zweigeteilt selbst die Innenstadt ist. Es kommt einem so vor, als wenn eine unsichtbare Barriere die Stadt in zwei Hälften teilt. In der einen Hälfte, inklusive dem Mahatma Ghandi Platz (da wo er zwischen 1903 und 1914 mit kleineren Unterbrechungen gewohnt hat) und der Main Street (eine Fußgängerzone, aber ohne Geschäfte, die sind in den Malls) sind die Straßen komplett sauber, die großen Banken und Minenkonzerne haben dort ihre Sitze und man kann an alten Statuen und Tafeln einen Einblick in die Minenstadt Joburg zu Beginn des 20teN Jahrhunderts bekommen. Dort gibt es natürlich weder Bettler noch Straßenhändler, dafür aber unzählige Securitys, die zum Teil schwer bewaffnet sind. Von Pumpgun bis Maschinengewehr...ne normale Wumme gehört da zum Standard. Und natürlich haben wir gleich zweimal Ärger mit grimmigen, schwerbewaffneten Sicherheitsleuten bekommen. Einmal standen wir, weil uns grad mal kurz die Orientierung ausgegangen ist, etwas länger hinter einem Geldtransporter, um zu überlegen, wo wir langmüssen... Sollte man besser nicht machen. Ne schnelle Flucht hat uns aber gerettet. Und dann standen wir in einer Mall in der Innenstadt an einer Brüstung und haben runtergeschaut. Darf man nicht, keine Ahnung warum, aber darf man nicht...
Dann, wie eine unsichtbare Grenze, sieht die Stadt auf einmal ganz anders aus. Die Häuser nicht mehr ganz so saniert und weniger Securitys, dafür mehr Stracheldraht und Gitter. Und natürlich sind die Straßen auf einmal belebt, plötzlich herrscht Trubel. Bettler, Straßenverkäufer, Shops in den Häusern, die von gebrannten CDs bis zu Teppichen alles verkaufen und natürlich die Friseursalons am Straßenrand (Plastikhocker am Straßenrand und Friseure mit Messer und Akkurasierer ausgestattet). In diesen Teilen der Stadt ist es selbstverständlich viel hektischer und lauter, aber dadurch ist irgendwie auch alles entspannter. Aber natürlich möchte ich da nachts nicht alleine langlaufen...Aber faszinierend und schön war es.

Und was machen meine Kleinen? Aus den 8 Lernenden sind nun doch noch neun geworden (ok, ich bin ehrlich, doch nur acht, denn einer ist ja immernoch zum Sprachkurs in Deutschland). Aber wir haben einen neuen Studenten hinzubekommen. Dieser hat den Kurs bereits vor drei Jahren einmal belegt und ist durchgefallen. Nun hat er, leider erst zu spät, gemerkt, dass er automatisch für diesen Kurs eingeschrieben ist, weil er nur noch diesen Kurs braucht, um seinen Abschluss zu erhalten. Tja, er muss nun drei Jahre Pause und vier Wochen Semesterrückstand nachholen. Das ist natürlich wieder eine Aufgabe für Doktor Nachhilfe. Aber glücklicherweise ist er kein ganz so komplizierter Fall, wie mein Lieblings-nachhilfeschüler. Er will nämlich den Kurs bestehen und deshalb schnell im Stoff vorabkommen und nicht drei Millionen mal dieselbe Frage stellen und bei drei Millionen Antworten drei Millionen mal "Ah, stimmt." zu sagen...Aber ich bin ja, WIE IHR ALLE WISST, ein Geduldssengel...Jedenfalls hat sich dadurch die Anwesenheit verändert. Also im Durchschnitt kommen nun vier bis fünf Leute zu den Veranstaltungen und mittlerweile bringen sie auch ihre Materialien mit, sodass man nicht immer improvisieren muss. Heute sind wir dann mit den Rivalen der Wits zusammen auf Wandertag gegangen (oder besser gefahren). Der Direktor der Deutschen Industrie und Handelskummer fürs südliche Afrika (die Jungs und Mädchen, die mir meinen Führerschein fast für Umme übersetzt haben) hat die Deutschlehrenden im ersten Jahr von Wits und UJ eingeladen, alles organisiert von Ralf. Von uns haben sich drei Studenten gemeldet, um teilzunehmen. Zwei haben zeh Minuten vorher abgesagt. UJ war also mit einem Studenten, JD, und einem Dozenten, mir, vertreten. Wir trafen uns auf dem Campus der Wits und trafen dort auf zwei Dozenten und 15 (!!!) Studenten, alle im ersten Deutschjahr, und es waren nicht mal alle da...Etwas ungerecht ist es ja schon, vor allem, weil der Wits-kurs zu 70% aus Damen besteht und nicht wie bei uns 80% Kerle sind. Wir sind dann gemeinsam zur Kammer gefahren. Stingy war mit drei kichernden Zulu-Mädchen auf der Rückbank gefüllt. Die hatten schon, lange bevor sie mich überhaupt das erste Mal gesehen haben, gesagt, dass sie bei mir mitfahren wollen. Ralf hat wohl im Unterricht von mir getratscht...
In der Kammer gab es dann Kaffee und einen Vortrag über die Arbeit der Kammer vom Direktor. Sehr interessant und kurzweilig. JD, als Represäntant der UJ, hat sich mit exellenten Einwürfen und fragen sehr hervor getan. Alle dachten schon: Man, was sind die klug da auf der UJ....Doch dann ging natürlich sein Handy los und der Bann war gebrochen...
Naja, mal sehen, was diese Woche mit sich bringt. Wenn alles klappt, dann steht ein Ausflug zu einem Zulu-Fest (nichts für Touristen) auf dem Programm. Und dann sind ja auch bald Ferien und mein Flug nach Kapstadt ist schon gebucht...

Sonntag, 15. August 2010

Party, Korruption und etwas Geschichte

Nachdem die Anti-Fußballer etwas gelangweilt waren vom letzten Blogeintrag, versuche ich dies nun durch eine detaillierte Clubbeschreibung wieder gut zu machen. Freitag war es nämlich soweit und ich bin nach drei Wochen Südafrika zum ersten Mal tanzen gegangen. Der Club heißt Tandoo und liegt in Yeoville. Eine Gegend, ich gebe es zu, wo ich alleine nachts nicht hingegangen wäre. Aber ich hatte ortskundige Begleitung und war somit nicht verloren. Der Club lag in einer ziemlich belebten Straße, dort gab es noch andere Clubs, ein Striplokal, ein paar Kioske und ein paar Spelunken. Um ins Tandoo zu kommen, musste man erst einen dunklen Gang entlang laufen, in dem die Securitys nach Waffen gesucht haben, und dann eine Treppe hoch, denn der Club befindet sich Open Air auf dem Dach eines Hauses. Dort befanden sich eine Bar, ein paar Billiardtische, ein paar Stühle, das DJ-Häuschen und natürlich ein kleines Feuer. Das Tandoo ist täglich geöffntet und ein reiner Reggae/Dancehall-Schuppen. Es hat mich ein bißchen ans YAAM erinnert. Das Publikum bestand zu 70% aus Männern, davon wiederum 70% Rastas und einem Weißen (mir). Die Atmosphäre war super und ich wurde ständig nett gegrüßt und in Small Talk verwickelt. Meine Begleitung war schon fast sauer, dass nur ich gegrüßt werde…Die Musik war auch sehr nett. Zu Beginn wurde die Reggaeschiene gefahren und die Tanzfläche war voller Rastas, dann ging der Selectah zu Dancehall über und die Player übernahmen das Tanzen. Mixtechnisch war es ziemlich grottenschlecht, aber das hat der Stimmung keinen Abbruch getan und so wurde JEDES Lied mindestens dreimal zurückgezogen. Der Selectah schien auch ein großer Mavado-Fan gewesen zu sein und spielte alle seine Hits, sodass ich lautstark mitgrölen konnte: „Geld verändert uns nicht, wir wechseln Geld. Und wenn du uns anmachst sind wir gefährlich.“. Die Leute in unmittelbarer Nähe wunderten sich zwar, dass ich auf Deutsch mitgröle, ich musste aber trotzdem in mich hinein kichern…
Gegen zwei Uhr war es dann abrupt vorbei mit der Party. Der Clubeigentümer, ein älterer Rasta, rannte wie von der Hornisse gestochen zum Mischpult, riss die Regler runter und rief nur: „Police, Police“. Und tatsächlich standen drei Polizeiwagen mit Blaulicht vor dem Eingang und mehrere Polizisten dazu, entweder auf der Jagd nach dem süßlichen Geruch, der vom Clubdach auf die Straße weht, oder einer anderen Möglichkeit das Gehalt etwas aufzupeppen. Die Tanzfläche war auch auf einmal leer und 2/3 der Gäste waren verschwunden, wobei niemand den Club durch den Vordereingang verließ. Nach einer halben Stunde verschwanden die Polizisten wieder so schnell wie sie gekommen waren, aber die Stimmung der Party war hinüber. Also gingen wir auch nach Hause. Ich brachte meine Begleitung nach Hause und wollte dann gemütlich nach Hause cruisen. Da passierte es…

Ich passierte gerade die Polizeistation Hillbrow, hielt an einer Ampel, es wurde grün, ich fuhr los und schwupps steht da ein Polizist auf der Straße und leuchtete mich raus. Ich hab ja schon unzählige Geschichten über die südafrikanische Polizei gehört, jetzt durft ich sie auch mal live erleben. Der Cop wollte Führerschein und beglaubigte Übersetzung des Führerscheins sehen, die ich glücklicherweise vorher mit eingepackt hatte. Dann ging er mehrere Runde ums Auto und suchte was auch immer. Als er nichts fand, fragte er also wo ich grad herkomme und wo ich hin will und ob ich was getrunken hätte. Da ich zwei Bier, verteilt über den ganzen Abend, getrunken hatte, sagte ich: Ein Bier. Enttäuscht rief der erste Cop einen Kollegen herbei mit der Ankündigung, einen Alkoholtestes zu machen. Ich glaube aber, die hatten noch nicht mal n Tester dabei. So standen aber nun zwei riesige Cops vor mir, mit schelmischen Grinsen. Sie erklärten mir, dass man mit einem Bier schon durchaus über der Promillegrenze liegt und wenn dies der Fall wäre müsse ich auf die Hillbrow Policestation und das wäre es nicht grade gemütlich. Ich wusste natürlich, dass dies nicht stimmte. Aber ich hatte nicht mal einen Pass mit Visa dabei und wusste, dass ich nicht ohne Geld weiterfahren kann. Ich hab kurz überlegt, ob ich es drauf ankommen lasse, aber hab mich dann dagegen entschieden. Ich wollt lieber nicht provozieren, dass die sich sonst was ausdenken. Also hab ich die „Oh, Mr.Officier, I’m so sorry“-Schiene abgespult und hatte glücklicherweise noch 50Rand dabei, die ich nach gefühlten eintausend Sorrys aus dem Fenster hielt. Der eine Cop rief nur ganz panisch: „Nimm den Arm wieder rein.“ Nicht mal bestechen kann ich richtig… Er gab mir also meinen Führerschein wieder und nahm sich dabei den Schein, schaute ihn sich an und befand wohl, dass es reichte. Er wünschte mir einen schönen Abend und ich konnte ungehindert, aber voller Adrenalin, nach Hause fahren…Aber ich habe mir bestätigen lassen, dass es so nun mal abläuft. In der kriminellsten Stadt der Welt stehen die Cops (natürlich nicht alle) ganz weit oben auf der Kriminalitätsleiter…

Da ich ja natürlich nicht zum Vergnügen hier bin, sondern um etwas Anständiges zu lernen, hab ich am heutigen Sonntag einen Ausflug zum Apartheidsmuseum gemacht. Ich habe vorher schon gelesen, dass dies ein beeindruckendes Museum sein soll, aber es war sogar sehr beeindruckend. Das Museum ist ziemlich groß und erinnert mich irgendwie an das Jüdische Museum in Berlin, zum einen wegen der Architektur (obwohl es flach ist) und zum anderen, weil dort jeweils die extrem negativen Aspekte der jeweiligen Landesgeschichte verarbeitet werden. Schon der Eingang hat mir gut gefallen. Anhand der Eintrittskarte wurde man als White oder Non-White klassifiziert und musste den jeweiligen Eingang nehmen und die ersten paar Meter des Museums waren beide Bereiche getrennt voneinander.


Museumseingang

Das Museum bestand aus sehr vielen Fotos, Texten, Originaldokumenten und Gegenständen (von Fahnen über Waffen bis zu einem Polizeipanzer). Überall waren kleine und größere Fernseher aufgestellt, wo Originalfilmmaterial, Propagandafilme der Apartheidsregierung, Interviews und und und gezeigt wurden.

Ich finde, dass hier ein kurzer Umriss der Geschichte Südafrikas im 20ten Jahrhundert fällig ist:
Nach Beendigung der englisch-burischen Kriege Ende des 19ten Jahrhunderts, bei denen die Engländer von der schwarzen Bevölkerung, mit Aussicht auf mehr Freiheit, unterstützt wurden, vereinigten sich burische (Traansvaal und Orange Free State) und englische (Natal und Kap-) Provinzen 1910 zur südafrikanischen Union. In deren Verfassung stand bereits, dass die weiße Bevölkerung bevorzugt werden sollte. Nach mehreren Streiks besonders in der Minenstadt Johannesburg durch arme Weiße und Schwarze besann man sich darauf, eine Politik der Segregation (Trennung) zu betrieben, die man damit begründete, dass die armen Weißen, die mit Schwarzen zusammenleben keinen guten Umgang haben und durch jene zur Unruhe angestiftet wurden. Die Gründerväter dieser Politik waren Jan Smuts und Barry Hertzog, noch heute sind hier große Straßen und Häuser nach den Beiden benannt. 1912 gründete sich dann der South African Native National Congress, der später zum ANC wurde. Da gerade junge Afrikaner nicht mit allen Entscheidungen des ANCs zufrieden waren, gründeten drei Hitzköpfe die ANC Youth League, die auch heute noch große Macht hat. Die Namen der Hitzköpfe Oliver Tambo, Walter Sisulu und Nelson Mandela. Es wurden Streiks (gerade bei Minenarbeitern) organisiert und gegen die Benachteiligung durch die weiße Minderheitsregierung protestiert. Nach dem zweiten Weltkrieg, genauer im Jahr 1948, gewann dann die National Party die natürlich rein weißen Wahlen und ihr Vorsitzender Pfarrer Malan führte offiziell die Apartheid ein. Es wurden unzählige Gesetze erlassen, die Schwarze, Coloureds und Asians immer weiter benachteiligten. Geführt durch den ANC gab es unzählige friedliche Aktionen des zivilen Ungehorsams, wie Protestmärsche, Streiks, Boykotte und die öffentliche Passverbrennungen (angeführt von Nelson Mandela). Doch nachdem ein weißer Farmer auf den größten Architekten der Apartheid Hendrik Verwoerd (studiert in Nazi-Deutschland) verübte, welcher schief ging, spitze sich die eh schon angespannte Lage immer weiter zu und es gab immer mehr Gewalt zwischen beiden Seiten. 1947 erklärte Mandela dann (mittlerweile Generalsekretär des ANC), dass der friedliche Widerstand nicht mehr ausreichte und so gründete sich der „Speer der Nation“ (UmkhontoW sizwe (MK), bewaffneter Arm des ANC). Es folgten mehrere Sabotage-Akte und auch vereinzelte Terroranschläge, doch im Grunde galt: Sachschaden um Investoren abzuschrecken JA, Personenschaden Nein. 1962 wurde Mandela dann als Chauffeur getarnt verhaftet und 1964 zu lebenslanger Haft im Zuge des Rivona-Prozesses verhaftet. Kurz zuvor wurde das Versteck des MK gestürmt, mehrere Führer verhaftet und Mandela als Nummer eins ausgemacht. Er kam, wie so viele andere auf die Gefängnisinsel Robben Island. Währenddessen gingen die Proteste weiter, wie mit dem Studentenaufstand von Soweto im Jahr 1976 oder den harten 80er, als der damalige Präsident Botha den Ausnahmezustand über Südafrika verhängte, was den Polizisten noch mehr Macht und Gewalt einräumte. Erst der 1989 gewählte Präsident FW de Klerk sah ein, dass es so nicht weitergehen konnte. Er erlaubte vorher verbotene Parteien (ANC, Pan African Congress, Kommunistische Partei,…) wieder und ließ alle politischen Häftlinge. So auch Nelson Mandela am 11.2.1990. Die kommenden vier Jahre wurde dann eine neue Verfassung der Gleichberechtigung ausgehandelt. Aber gerade in diesen Jahren gab es viele Gewaltakte von Parteien wie der Inkatha (Partei der Zulus) oder dem AWB (eine NPD gleiche Partei, auch heute noch aktiv), welche die ersten freien Wahlen unbedingt verhindern wollten. 1993 bekamen FW de Klerk und Mandela den Friedensnobelpreis und am 27.4.1994 hieß es zum allerersten Mal in der Geschichte Südafrikas „One man (Frauen natürlich auch) one vote“ und der ANC gewann die Wahl mit 73%. Mandela wurde Präsident Südafrikas und Thabo Mbeki und FW de Klerk Vizepräsidenten. Das war eine Kurzzusammenfassung der Geschichte, die selbstverständlich viel viel umfassender ist und in der eigentlich viel mehr Personen eine tragende Rolle spielen. Besonders erstaunlic fand ich die doch ziemlich große Anzahl von Apartheidsgegnern und Soldaritäten mit dem ANC, etc aus der weißen Bevölkerung (besonders Studenten und Frauen), die ebenfalls verfolgt wurden, wie schwarze Aktivisten. Auch gab es selbstverständlich extrem viele schwarze Informer, die für das Regime arbeiteten.

Die 7 Säulen der neuen Verfassung Südafrikas: Freedom (Freiheit), Equality (Gleichheit), Responsibility (Verantwortlichkeit), Democracy (Demokratie), Diversity (Diversität), Respect und Reconciliation (Versöhnung)

Insgesamt war das gesamte Museum sehr düster gehalten und zum Teil war es extrem schockierend. Deswegen gibt es einen kleinen Park am Ausgang. In dem soll man einen Spaziergang machen, um das Gesehene zu verarbeiten, und dann kann man gehen…frei