Montag, 2. August 2010

Mit dem Auto durch das Wochenende

Vor Beginn des Praktikums habe ich zwei Informationsbroschüren von DAAD und der Industrie- und Handelskammer (RSA) bekommen, in denen jeweils empfohlen worden ist, sich hier ein Auto zu mieten. Es sei sicherer und man ist unabhängiger, da nach Einbruch der Dunkelheit kaum noch Minibusse fahren. Die preisgünstigsten Autos werden bei Cue Let Cars verliehen, welche ihren Sitz im jüdischen Viertel haben. Man könnte auch sagen, dass alle deutschen Praktikanten ihr Auto dort geliehen haben. So auch ich. Das Büro sah/sieht aus wie eine Baustelle. Justin, der jüdische Autovermieter entschuldigte sich tausendmal dafür und behauptete, dass sie grade renovieren. Ich habe aber von anderen Seiten gehört, dass es dort seit Jahren so aussieht. Auf dem Hof standen unzählige, alte Autos. Kein Wunder, dass dieser Verleiher so günstig ist. Die Autos sahen teilweise so aus, als wenn sie auseinander fallen würden, wenn man die Tür etwas fester zuschlägt. Hauptsache sie fahren, wie auch immer, ist wohl das Motto. Von anderen Praktikanten habe ich auch die schönsten Geschichten gehört, wie ihr Auto einfach so in den fantastischsten Situationen den Geist aufgegeben hat. Aber Justin soll wohl exzellenten Service anbieten und die Autos immer wieder in Schwung bringen. Da ich keinen internationalen Führerschein besitze, wollte er mir erst kein verleihen, aber nachdem ich ihm versprach diesen so schnell wie möglich nachzureichen, bekam ich meinen Stingy.
Es ist ein 6 Jahre alter Mazda Sting, ohne Servolenkung und die Handbremse funktioniert auch nicht richtig. Dafür hat es Zentralverriegelung, auch wenn ich später festgestellt habe, dass die Zentralverriegelung willkürlich Türen offen lässt und man immer sicher gehen muss, dass alles verriegelt ist. Aber das Beste ist: das Auto fährt.
Meine erste Fahrt im Berufsverkehr am Freitagnachmittag lief dann auch besser als gedacht. Den Weg fand ich dank meines ausgezeichneten Orientierungssinnes sofort. Und auch mit dem Linksverkehr hatte ich so gut wie gar keine Probleme, denn ich habe den wertvollen Tipp bekommen, dass das Lenkrad immer innen sein muss. Mein anfänglich größtes Problem war das Schalten. Jedes Mal wenn ich den Gang wechseln wollte, stellte ich verwundert fest, dass dort ja gar kein Schaltknüppel ist, sondern die Fahrertür…Aber nach einiger Zeit hab ich mich daran gewöhnt mit links zu schalten. Schwieriger in den Kopf zu bekommen, fand ich es, dass ja auch der Blinker auf der anderen Seite ist. Ich habe also jedes Mal, wenn ich irgendwo abbiegen wollte, die Scheibenwischer eingeschaltet. Aber bis auf mich hat das niemanden gestört, denn hier blinken eh die wenigsten Autofahrer. Mittlerweile klappt das Fahren super und ich heize quer durch die City. Ich habe nur Angst vor einem Unfall, da es hier schon einige sehr rücksichtslose Autofahrer gibt. So habe ich, in der Nähe meines Hauses, an einer uneinsehbaren, großen, stark befahrenen und gefährlichen Kreuzung, an drei aufeinanderfolgenden Tagen einen schweren Unfall gesehen.


Stingy vor meiner Bleibe

Mit meinem Sting bin ich auch zu den drei Partys, die am Wochenende stattfanden, gefahren. Dabei lernte ich die Stadt etwas besser kennen, da ich mich bisher jeden Tag einmal verfahren habe. So wollte ich beispielsweise auf der Autobahn in Richtung Norden fahren, habe aber die falsche Auffahrt genommen, da diese häufig überhaupt nicht ausgeschildert sind, und bin stattdessen in Richtung Süden gefahren. Einfach nächste Abfahrt runter und auf der anderen Seite wieder rauf ist so gut wie nicht möglich, weil Johannesburg zu einem großen Teil aus Einbahnstraßen zu bestehen scheint. Und einmal ne Runde um den Block zu machen, ist auch leicht verwirrend. So habe ich also mein ersten selbstständigen Erkundungen in Downtown Jozi gemacht, obwohl das nicht so geplant war. Ich habe die Straße mit der höchsten Dichte an Obdachlosen (führt genau unter der Autobahn lang) kennen gelernt. Immerhin bin ich durch gute Orientierung und noch bessere Kartenlesefähigkeiten (obwohl dies auch etwas schwieriger sein kann, weil an vielen Namen kein Straßenname steht) immer irgendwann dort angekommen, wo ich hinwollte.

Die Freitags- und Samstagsparty fanden bei Leuten zuhause statt, entweder Freunde/Mitarbeiter von Ralf oder Matthias oder beiden. Eine Party fand in einer riesigen Villa, wo eine 5er WG drin wohnt, statt, eine in einem Cottage. Die Gäste waren alle weiße Südafrikaner, Deutsche oder Franzosen. Studenten oder Praktikanten/Dozenten der Wits University oder Mitarbeiter des DAAD, die auch in der Wits untergebracht sind. Ich war also der einzige UJler und bekam sofort mit, dass zwischen beiden Universitäten starke Konkurrenz herrscht. Glücklicherweise wurde ich nicht gleich wieder rausgeschmissen.
Die Samstagsparty war übrigens ein Braai, dies ist eine südafrikanische Leidenschaft, fast schon ein Lebensgefühl. Man darf unter gar keinen Umständen einen Braai ein Barbeque nennen. Das wäre ein Kardinalsfehler. Aber im Endeffekt ist ein Braai auch nicht großartig verschieden von einer Grillparty, nur dass alles viel professionller durchgezogen wird...
Die Sonntagsparty war dann openair auf einer kleinen Wiese auf einem Hügel in Sophiatown (hierbei die Buchempfehlung „Sophiatown“ von Don Marterra, einem Italo-Coloured, der die große Umsiedlung in Sophiatown zu Zeiten der Apartheid persönlich mitbekommen hat). Dort wurde ein Pavel aufgebaut, darunter stand ein höchstmodernes CD-DJ-Set und es die DJs spielten die ganze Zeit laute Housemusic. Südafrika hat immerhin die florierenste House-Music-Szene der Welt und wenn man hier südafrikanische Musik hören möchte, dann kommt man daran nicht vorbei. Ich habe aber auch schon ein paar Kontakte geknüpft zu Personen, die mir die Reggae/Dancehall und HipHop/Kwaito Szene Joburgs zeigen möchten…
Bei dieser Party, die eher wie ein gemütliches Picknick begann, waren wir die einzigen Weißen. Uns wurde gesagt, dass man deutlich merkte, dass wir keine Südafrikaner seien, da weiße Südafrikaner wohl nie zu solchen Partys gehen würden. Aber alle fanden es wunderbar, dass wir da waren und gemeinsam den Sonntag verbrachten. Insgesamt waren nur ca 30 Leute da und alles hatte einen sehr familiären Flair. Nach Einbruch der Dunkelheit wärmten wir uns dann auch alle gemeinsam am Feuer.

Party hard
Übrigens habe ich beim allerersten Versuch Ralfs Rekord in einem Spiel auf der Wii seiner Ehefrau geknackt. Na da war was los und ich musste kurzzeitig zittern, weil ich Angst hatte vor die Tür gesetzt zu werden. Glücklicherweise habe ich mit einem Gastprofil gespielt und wurde somit nicht gespeichert. Nochmal Glück gehabt…Puh

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