Donnerstag, 29. Juli 2010

Ankunft in Jozi

Geschrieben am 27.7.2010 in einem kleinem Zimmerchen in Auckland Park, Joburg, Südafrika.
Also dieses Flugzeug sieht von außen spektakulärer aus, als von innen. Da sieht es nämlich aus, wie n ganz normales Flugzeug. Nichts mit Bar an Bord und Spa-Bereich…Der Flug verging trotzdem sehr schnell, auch wenn ich in der Kleinkindersektion saß und jene sich mit dem Heulen abgewechselt haben. Aber auch daran gewöhnt man sich schnell und die Frau, die neben mir saß und sich die gesamte Zeit über das Kindergebrüll aufgeregt hat, fand ich ja viel schlimmer.
Mit nur einer dreiviertel Stunde Verspätung bin ich dann am Flughafen Oliver Tembo (der Rechtsanwaltskanzleipartner von Nelson Mandela) gelandet. Gepäck war da, Geld konnte getauscht werden, Visum gelungen und sofort ein seriös wirkendes Taxi gefunden. Leider hatte es einen fortschrittlichen Taxometer, der extra für die WM eingeführt worden ist. Ich hätte den Preis nämlich lieber verhandelt, so aber hat mich die Taxifahrt ein kleines Vermögen gekostet. Dafür lieferte es mich aber direkt vor meiner neuen Haustür ab. Matthias, Ende 30, Doktorand der Ethnologie an der Uni Frankfurt und grade mit einer Feldforschung für Produktpiraterie auf lokalen Märkten beschäftigt, öffnete mir und zeigte mir das Haus. Es ist wirklich nicht besonders groß und besteht aus einem großen Wohnzimmer samt Küche und drei Zimmern. Eines ist ensuite, nämlich das des Hausherren. Ralf, Mitte 40, promovierter Germanist und Lektor des DAAD an der Uni Wits. Mein Zimmer ist eigentlich das Arbeitszimmer Ralfs. Im Vergleich zu meinem Zimmer in Malawi ist es zwar viel vollgestellter mit Büchern DVDs und dadurch gemütlicher, aber auch viel kleiner und enger und ich kann mich nicht wirklich ausbreiten. Aber ab Montag ist Matthias’ Forschung hier abgeschlossen und ich kann in sein wesentliches größeres Zimmer ziehen.
Durch die Stadt, bzw. durch die Nachbarschaft wurde ich auch schon gefahren. Mein erster Eindruck war: wie soll ich mich hier denn orientieren. Doch selbst den schon seit Ewigkeiten hier Lebenden fällt die Orientierung in Joburg sehr schwer. Dies liegt ua daran, dass die Straßennamen sich in jedem Stadtteil wiederholen. Man muss also zu jedem Zeitpunkt genau wissen, wo man sich denn gerade befindet. Meine erste Handlung morgen wird also sein, mir einen Stadtplan zu kaufen und diesen auswendig zu lernen…
Ansonsten war es sehr hektisch auf den Straßen. Volle Straßen, rücksichtslose Fahrer, noch viel rücksichtslosere Minibusfahrer, Straßenhändler, wenig Fußgänger – eine absolute Großstadt. Abends hingegen sah das Straßenbild komplett anders aus. Die Straßen wirkten wie verlassen, kaum Autos und noch weniger Fußgänger waren unterwegs. Nach Einbruch der Dunkelheit ruht die Stadt. Ein Zeichen, dass es sich hier um die ‚gefährlichste Stadt der Welt’ handelt? Ich habe meine Sicherheitsbelehrung natürlich schon bekommen. Die Belehrung deckte sich gut mit meinen eigenen Vorstellungen. Keine Angst und keine Scheu, aber auch keine Unnötigkeiten provozieren, dann passiert hier nichts. Und um dies zu beweisen bin ich mit Ralf abends gleich nach Downtown, die Innenstadt, gefahren. Die meisten Reiseführer warnen sogar davor tagsüber dorthin zu fahren und wir haben einen Nachtausflug dorthin gemacht.
Es gibt seit Jahren Initiativen die Innenstadt „zurück zu erobern“, indem Geschäfte, Firmen, Banken, Büros ihren Sitz zurück in die momentan häufig verlassenen Hochhäuser zu legen. Parallel dazu gibt es eine sehr aktive Kulturszene, die ebenfalls versuchen die Innenstadt in Schuss zu bringen. Und zu einer dieser Kulturveranstaltungen sind wir gefahren. Am Rande der Innenstadt hat ein kleines Independent-Kino eröffnet, wo der Dokumentarfilm „Shungu“ vom Zimbabwer Saki M. gezeigt worden ist, in dem es um das Zimbabwe von 2008 bis zu gemeinsamen Regierung 2009 geht. Es war die Premiere in Südafrika und Saki war selbst auch anwesend. Der Film beinhaltete außer schönen Bildern nicht viel Neues. Spannender war da schon das Publikum und die Frage&Antwort Session hinterher, sowie die Gespräche hinterher vor dem Kino. Es waren ca 40 Gäste anwesend. 50% schwarz, 50% weiß. Lustigerweise stellte sich nach und nach heraus, dass alle anwesenden Weißen Deutsche waren, von den unterschiedlichsten Institutionen wie DAAD, Goethe Institut, deutsche Schule und und und. Naja, am Wochenende sind die ersten Partys und ich bin auch eingeladen. Nach einer weiteren spannenden Fahrt nach Hause durch Downtown (mit teilweise beeindruckendem Blick auf die Nelson Mandela Bridge), bei der ich gelernt habe, dass es in Südafrika das Gesetz gibt, dass man bei Gefahr auch rote Ampeln überfahren darf (die Gefahreneinschätzung ist natürlich sehr sehr subjektiv...), ging es zurück nach Hause…
Gelernt hab ich an diesem ersten Tag, dass sich fast jeder über Sicherheit unterhält und natürlich auch über Fußball. Die WM ist hier immer noch sehr präsent. Überall hängt noch die WM-Werbung der großen internationalen Firmen und die meisten Straßen sind gesäumt mit den Fahnen der 32 WM-Teilnehmer.
Jetzt heißt’s aber schnell schlafen, um fit zu sein, für den ersten Tag an der UJ…
Nacht Freunde

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